Ein Baby wird aus einem Kinderwagen geraubt. Die junge Mutter und ihr Freund sind fassungslos. Eine Entführung mit Lösegeldforderung scheint unwahrscheinlich? Viel zu holen ist bei den beiden nicht. Vielleicht war es die Tat einer Mutter, die selbst ein Kind verloren hat oder nicht schwanger werden kann? Eine Spur in dieser Richtung führt ins Leere. Und so verrinnt die Zeit und die Nervosität steigt. Vor allem bei Kommissarin Jana Winter. Ihr geht der Fall spürbar nahe. Denn die ehrgeizige Frau ist im sechsten Monat schwanger. Sie müsste längst im Innendienst am Schreibtisch sitzen, aber sie, die das werdende Leben überglücklich mit sich herumträgt, möchte alles tun, damit auch zu dieser Mutter das Glück zurückkommt.
Schwangerschaft, Babyraub, Kindesmisshandlung, Babymord – es gibt wohl keine Themen, mit denen man das weiblich geprägte Fernsehspiel-Publikum stärker emotional ködern könnte. Und doch, Produzentin Jutta Lieck-Klenke, Redakteur Daniel Blum und Schauspielerin Natalia Wörner setzten noch einen drauf: Nicht nur die Hauptfigur, sondern auch ihre Darstellerin ist „in anderen Umständen“. Den Bauch, den Jana Winter immer wieder liebevoll streichelt, das ist mehr als der Bauch einer Figur, es ist der Bauch der Schauspielerin, die ihn in den Pausen gewiss ähnlich gestreichelt hat. „Es war immer ein unglaublich aufregender Moment für mich, in diesem neuen Zustand und mit meiner täglich wechselnden Verfassung ans Set zu gegen und das eigene Erleben in die Figur der Schwangeren mit hineinzunehmen.“
Der Titel „Unter anderen Umständen“ ist gleich mehrfach Programm. Auch die Umstände, unter denen der Film entstand, waren ungewöhnlich. Eigentlich wollte Network Movie mit Wörner einen Krimi über eine verdeckte Ermittlerin drehen. „Dieses konkrete Projekt zerschlug sich durch die Schwangerschaft“, so Wörner. Einen Film machen wollte sie dennoch. Und so wurde aus dem verdeckten weiblichen Profi-Cop eine schwangere Kleinstadtkommissarin, die ähnlich „tough“ daherkommt wie ihre Darstellerin. Es gab nur ein Problem: Die Schwangerschaft nötigte zur Eile. So hatten Waltraud Ehrhardt und Peter Obrist nur drei Monate für das Drehbuch, und die Dreharbeiten mussten bereits parallel vorbereitet werden, damit Natalia Wörner im fünften und sechsten Monat drehen konnte. Was unter diesen Voraussetzungen entstanden ist, könnte sich auch unter normalen Produktions-Bedingungen sehen lassen: ein atmosphärisch dichtes, emotional spannendes Krimi-Drama, das die unter die Haut gehenden Themen mit einer eher kühlen Bildsprache kontrastiert und so einen reflexiven Grundton erzeugt… Jana Winter wird weiter ermitteln. Das steht schon fest. „Sie wird sich mit großem sozialen Engagement auf Fälle konzentrieren, die dieses Engagement auch nötig haben“, betont Wörner. Wenn also Hannelore Hoger keine Lust mehr auf Bella Block haben sollte, die jüngere Nachfolgerin ist gefunden. (Text-Stand: 23.10.2006)