Eine Familie droht, an den grundverschiedenen Ansichten zum Thema Umweltschutz und Gewinnmaximierung zu zerbrechen. Theresa und ihr Mann Toni bewirtschaften einen Almbauernhof – nachhaltig, ökologisch ausgewogen. Tonis Vater Max, Besitzer des heimischen Sägewerks, setzt andere Prioritäten. Er will, dass der Sohn ihm sein Waldstück verkauft. Dieser lehnt das vehement ab; der Familienfrieden ist deswegen seit geraumer Zeit deutlich gestört. Als Toni nach einem Ehestreit in einer Unwetternacht das Haus verlässt und nicht mehr heimkehrt, weiß Theresa zunächst nicht, ob sie sich als verlassene Ehefrau oder als trauernde Witwe fühlen soll. In dieser Situation, erschwert durch ihren Sohn, der seinen Vater sehr vermisst, drängt Max Theresa immer massiver zum Verkauf des Waldstücks. Dabei nutzt er ihre finanziell angespannte Lage aus, um mit Hilfe seiner Spezerln im Dorf den Druck auf sie zu erhöhen. Die einzigen, die zu Theresa halten, sind Maxens Schwester und sein Ziehsohn Georg, der mehr als nur Sympathie für Theresa empfindet. Der Krieg in der Familie verschärft sich – und dann droht auch noch dem Dorf eine Überschwemmung.
Foto: ZDF / Jacqueline Krause-Burberg
„Unheil in den Bergen“ sieht aus wie ein Update des Bergdramas „Gletscherblut“. Drohte dort der Niedergang eines katastrophalen „Sturzbaches“ aufgrund einer Wassertasche im Gletscher, türmt sich in dem Familiendrama von Dirk Regel die Erdrutschgefahr aufgrund radikaler Nutzholzrodung im Hintergrund als Katastrophen-Szenario auf. Claudia Kaufmann schrieb zu beiden Filmen das Drehbuch, die film GmbH hat sie beide produziert und Halmer spielt seine Rolle des Tiroler Potentaten jetzt zum zweiten Mal. Ansonsten ist es, wie es bei Updates eben oft ist: Vieles wurde „perfektioniert“, anderes nicht. Brigitte Hobmeier ist das größte Plus dieses Films; sie verleiht dem wuchtigen Bergdrama seinen „Echtheitssiegel“ und lässt über Unebenheiten hinwegsehen. Auch wenn „Unheil in den Bergen“ mit dem alpenländischen Melodram liebäugelt – die dramaturgische Redundanz des zunehmend leer laufenden Konflikts ist offensichtlich, ihn durch Missverständnisse (ein Waldarbeiter küsst Theresa, Georg sieht es und ist von einer Sekunde auf die andere wieder Maxens treuer Erfüllungsgehilfe) zu verlängern, ist ein grob geschnitzter dramaturgischer Kniff. Das Gleiche gilt fürs Finale. Das hat schon ein wenig ARD-Freitagabend-Touch. Aber auch im Schlussbild ist es dann wieder Brigitte Hobmeier, die den kleinen, feinen Unterschied macht. Sie strahlt nicht vor Freude über beide Wangen; sie schaut nur – nachdenklich, wohlwollend, offen.
Was „Unheil in den Bergen“ gerade als Melodram vermissen lässt, ist eine durchgängige dramaturgisch und filmisch dichte Atmosphäre. Besonders in der ersten Hälfte arbeitet Dirk Regel mal mit starken optischen Kontrasten, mal mit wenig Licht – und gelegentlich geistert Caspar David Friedrich durchs Bild. Diese visuellen Reize bleiben aber eher singulär. Es entsteht kein Sog aus diesen Bildern, keine eigene Kraft dieser fremden, urwüchsigen Welt. Rückt das unheilvolle Nass auch näher, sieht man Bergbäche strömen, die Erzählung fließt nicht. Mag’s an dem erdenschweren Konflikt liegen, der überschaubaren Dramaturgie mit dem nicht weniger offensichtlichen Wechselspiel der Koalitionspartner. Wenn man schon den Konflikt klug auf wenige Charaktere reduziert, dann hätte man diese Szenen noch tiefer ausmalen müssen. Die meisten Figuren – außer Hobmeiers Theresa – sind Fähnchen im Wind der Dramaturgie. So richtig konnten sich die Macher offenbar nicht entscheiden zwischen wuchtigem Melodram, abbildrealistischem Konflikt-Fernsehspiel und gesellschaftlich relevantem Themenfilm. Und so pendelt „Unheil in den Bergen“ – wie die Figuren im Film – unentschieden zwischen inneren und äußeren Konflikten hin und her. Das ist so ein wenig wie bei dem Ziehsohn Georg (Sympathieträger: Marcus Mittermeier), einem, der alles versteht und sich nicht entscheiden kann. Und was sagt die Heldin zu ihm? „Manchmal kann man es nicht allen recht machen. Das gibt es nur richtig oder falsch.“ (Text-Stand: 27.7.2013)
Foto: ZDF / Jacqueline Krause-Burberg