Es hat lange bei den Lindemanns mit dem Kinderkriegen nicht geklappt. Jetzt dafür gleich doppelt. Esther bekommt Zwillinge, und ihr Ehemann Dieter, Journalist von Beruf, will seiner jungen Frau zuliebe ein Jahr in Elternzeit gehen. Der Nahost-Experte sattelt um aufs Babywickeln. Ein halbes Jahr geht das einigermaßen gut – doch dann weckt die Aussicht auf ein Sonderheft über den Nahen Osten wieder Dieters beruflichen Ehrgeiz. Doch er getraut sich nicht, offen über die Situation mit seiner Frau zu reden. Diese ist nicht minder gestresst. Am Tag arbeitet sie Vollzeit als Scheidungsanwältin – und wird dabei gelegentlich schon mal während einer Verhandlung zur Stillpause gezwungen. Doch als bedenklicher empfindet die Ehefrau die zunehmenden Unaufmerksamkeiten ihres Gatten in Sachen Babypflege. „Feuerwehr und Notarzt geben sich bei uns die Klinke in die Hand – da kann ich ja unbesorgt zur Arbeit gehen“, wettert Esther. Fragt sich: Wie lange hält diese Beziehung das noch aus?
Soundtrack: Joan as Police Woman („The Magic“, „Chemmie“), Mumford & Sons („Little Lion Man“), Broken Bells („Vaporize“), Quadro Nuevo („Chitarra Romana“, „Canzone della strada“), Agnes Obel („Brother Sparrow“, „Close watch“), Iron & Wine („Tree by the river“, „Each coming night“), Alex Turner („Piledriver Waltz“), Karen O and the Kids („Building all is love“), The Black Keys („So he won’t break“), Nick Drake („Place to be“)
Wenn Männer in Filmen auf bessere Mütter machen, kommen dabei die immergleichen Szenen heraus. Das ist bei „Überleben an der Wickelfront“ nicht viel anders: die properen Racker kreischen um die Wette, die Schwiegermutter nervt, die Gattin schaut vorwurfsvoll und Papa muss sich einiges einfallen lassen, um den Baby-Alltag zu meistern und um später den Berufseifer mit den Zwillingen und seinen Lügen abzustimmen. Solange die Wickelfront nicht europäisch egozentrisch mit der kriegerischen Front im Nahen Osten verglichen wird, ist das ganz ulkig. Uwe Ochsenknecht muss – noch mehr als gewohnt – sein Gesicht zerknautschen und das bezaubernde Lächeln von Valerie Neuhaus darf des Öfteren eingefrieren. Dieses Babyjahr der Lindemanns hat hohen Wiedererkennungswert, aber auch viel Leerlauf.
Hormone sind dramaturgisch schlechte Berater. So nah „Überleben an der Wickelfront“ auch an den tagtäglichen Abläufen der Babybetreuung dran ist – so richtig ergibt sich keine Geschichte daraus. Es ist ein permanentes Und Und Und – als ob der Drehbuchautor während der Bearbeitung der Romanvorlage selbst ein paar Schreihälse um sich herum gehabt hätte. Das, was sich in der Beziehung tut, bleibt äußerlich, beschreibend, flach – und geht über Binsenweisheiten („Nach der Geburt lernt man sich noch mal neu kennen“) nicht hinaus. Einige Zuschauer werden diese Komödie vielleicht als Ratgeberfilm nutzen. Auch wenn dies das Genre zweckentfremdet – warum nicht?! Halbe-halbe ist Ego-technisch das ideale, viel zu selten praktizierte Erziehungsprinzip. Das macht den Film als Film nicht unbedingt besser. Seine Pluspunkte sammelt die Dieter-Bednarz-Verfilmung von Titus Selge mit dem guten Soundtrack, einer frischen Kamera und extremer Lichtsetzung, die „Überleben an der Wickelfront“ deutlich von der Ramafamilien-Freundlichkeit anderer Familienfilme abhebt.