Ein wahnsinniger Mörder hält junge Frauen in einem Waldversteck gefangen, bevor er sie kaltblütig umbringt. Was zunächst wie die Story eines gewöhnlichen Psychopathen-Thrillers aussieht, entpuppt sich beim zweiten Hinsehen als ein Genre-Film der besonderen Art. Denn der Wald ist kein x-beliebiger Wald, sondern es ist der, der sich an einem Berghang neben der Stadt Kassel kilometerweit erstreckt. Einst war er mit seiner Herkulesstatue ein Symbol für die Macht des hiesigen Landgrafen. Der fieberhaft von der Polizei gesuchte Serienmörder in “Tödliches Vertrauen” erhebt mit seinen blutigen Taten denselben Machtanspruch.
Wer die Toten findet, der bekommt eine Schlüsselrolle vom Mörder zugedacht im Spiel um Allmacht und Kontrolle. Den neuesten Leichenfund macht die neue Forstarbeiterin Johanna Dorn. “Du wirst mich verstehen”, haucht ihr der Mörder mit verzerrter Stimme in den Telefonhörer und macht zugleich deutlich, dass sie sein nächstes Opfer werden wird. Die Polizei tappt seit zwei Jahren im Dunkeln, Kommissar Tönning gilt als Versager. Mehr als den Forst-Vorarbeiter Peter Markwart, der offenbar ein gestörtes Verhältnis mit Frauen zu haben scheint, hat er nicht im Visier. Jetzt muss das LKA ran.
Der ZDF-Fernsehfilm hält reichlich Überraschungen für den Zuschauer parat. Mit wohligem Schaudern kann man sich hier von Autor Timo Berndt in die Irre führen lassen, ohne dass man sich am Ende an der Nase herumgeführt fühlt. Plakative Doppelbödigkeit ist das Stilprinzip, mit dem der Autor die Zuschauer ködert. “Die Recherche bedingt einen unerfreulichen Abstieg in den dunklen Winkel kranker Seelen”, umschreibt er die Arbeit an einem Serienmörder-Thriller wie “Tödliches Vertrauen“. Eine Frau hat Berndt als Heldin gewählt, “weil mir für das Sicheinfühlen in die Seele des Gegners eine weibliche Heldin als glaubwürdiger Gegensatz zum Polizeibeamten einfach viel besser geeignet schien”.
“Tödliches Vertrauen” besticht als stimmungsvoller Genrefilm. “Es ist ein Genrefilm, der intelligent mit dem Genre und den Erwartungen des Zuschauers spielt”, sagt Barbara Rudnik. Das sei logischerweise nicht bis ins Letzte authentisch, müsse es auch far nicht sein. Diese “Art von Überhöhung” mag Rudnik. Für besondere Thriller-Atmosphäre sorgt der größte Bergpark Europas und die Art und Weise, wie Regisseur Johannes Grieser ihn ins Bild setzt. “Je übersichtlicher der Schauplatz und je kleiner der Personenkreis der Verdächtigen ist, desto beängstigender kann die Lösung sein”, findet Grieser. Und Kassel als Location ist neben Rudnik, Redl & Sander das große Plus des Films. (Text-Stand: 11.11.2002)