Beim Klettern in den Bergen finden die Ärztin Clara und ihr Freund David eine Leiche. Ein Bergsteigerunfall? Ein Ausrutscher eines Touristen? Die Gletscherschmelze muss den Toten, der mindestens zehn Jahre im Eis lag, offengelegt haben. David, Chef der hiesigen Lokalzeitung, wittert eine große Geschichte. Er geht noch einmal dorthin, wo die beiden die Leiche gefunden haben, ins Sperrgebiet – wenige Stunden später ist er tot. Die genaue Todesursache soll eine Obduktion klären, doch diese soll nicht an der Klinik in Kalltal, sondern in Salzburg durchgeführt werden. Clara ist durcheinander, alle sind so seltsam, der befreundete Dorfpolizist, ihre Chefin, aber auch ihr Vater, der Leiter der Bergwacht. Und noch in derselben Nacht interessiert sich ein Einbrecher für Davids Rucksack. Nach Jahren taucht erstmals wieder Davids Vater im Ort auf. Offenbar ein kalter Egomane, der seinen Sohn die letzten Jahre mit Nichtbeachtung gestraft hat. Der Mann ist Journalist, er will wissen, weshalb sein Sohn sterben musste. Notgedrungen tut sich Clara mit ihm zusammen. Eine erste Spur führt zu einer Münchner Speditionsfirma. Parallel häufen sich in der Gegend Hautausschläge. Liegt es am Wasser? Sind die beiden einem Umweltskandal auf der Spur?
Recherchekrimi und Katastrophenthriller treffen auf Familiendrama vor Alpenkulisse. „Tod in den Bergen“ ist ein altbekannter Genre-Mix, den das ZDF des Öfteren – in Kooperation mit dem ORF – versucht, der aber nur selten funktioniert, weil diese Genre-Kombination von vornherein etwas Künstliches, etwas Ausgedachtes besitzt und sich so nur schwer verträgt mit den kernigen, authentischen Charakteren aus der österreichischen Bergwelt. Bei dem Film von Nils Willbrandt nach dem Drehbuch von Wolfgang und Maja Brandstetter klappt dieses Tonlagen-Gebräu besser als erwartet – vorausgesetzt, man klopft den Plot nicht nach Glaubwürdigkeit ab. Ein Journalist und eine intelligente Ärztin, die jahrelang im Dorf wohnen, dort beruflich und privat vernetzt sind, hätten natürlich etwas mitbekommen müssen von den dubiosen Machenschaften im Ort. Ein Journalist, der in der Pampa ständig nach Themen sucht, hätte sich fragen müssen, was es mit diesem ominösen Sperrgebiet auf sich hat.
Nils Willbrandt über die Ästhetik des Films:
„Für mich als Regisseur war eine zentrale Frage, wie bekommt man das Thema und die Ernsthaftigkeit desselben mit dem Genre unter einen Hut? Kameramann Michael Schreitel, die Schauspieler und ich haben versucht einen realistischen Weg zu finden, der trotzdem Spannung aufbaut, ohne dabei zu viel Anleihen im klassischen Krimi/Thriller zu machen, ohne zu vordergründig zu sein. Das führte dazu, einen teilweise fast dokumentarisch anmutenden Stil mit einem gebauten, erdachten Stil mit viel Farbe und speziellen Kameraeffekten zu kombinieren.“
Akzeptiert man diese Blindheit der Figuren und sieht über die Konventionalität der privaten Ermittlungs- und Antipathie-Dramaturgie hinweg, kann man hier immerhin 90 Minuten lang einem handlungstechnisch und menschlich spannenden Fernsehfilm gebannt folgen. Das ist zum einen das Verdienst einer umsichtigen Regie und eines gelungenen Kamera-Konzepts, vor allem aber ist das der meisterlichen Leistung von Hauptdarstellerin Ursula Strauss zu verdanken. Was ihre Figur für die Handlung leistet, dem Journalistengrobklotz menschliche Sensibilität entgegenzusetzen, dieselbe Aufgabe erfüllt die Schauspielerin auch für die Tonart des Films: Wie sie spricht, dieser Wechsel aus langen Pausen und (konfusem) Redefluss, wie sie scheinbar unmotiviert lacht und somit ihren Worten aufregende Nuancen gibt, wie sie schaut, wie sie den Blick abwendet, ihren Körper wegdreht. Und was ihr Gesicht ausdrückt, wenn sie sich zeigt, wenn sie dem Anderen offen ins Gesicht sieht. Da ist die ganze Gefühlspalette aus anfangs Lebensfreude und tiefer Anteilnahme, aus Selbstbewusstsein und Verletztheit, später dann aus Schmerz, Abscheu, Trauer, Ekel, Trotz und manchmal gefriert all das zu nur einem einzigen Gesichtsausdruck. Ursula Strauss legt eine Feinnervigkeit an den Tag, die nichts mit der Grobmotorik der Handlung von „Tod in den Bergen“ gemeinsam hat. Die Naturkulisse des Großglockners, das Salzbergwerk von Hallein und der Wasserfall von Golling geben dem Film einen urwüchsigen, telegenen Rahmen. Das eigentliche Naturereignis in diesem ZDF-Fernsehfilm ist aber seine Hauptdarstellerin. (Text-Stand: 10.4.2013)