Ich bin ein Vagabund“, singt Theo und fühlt sich sichtlich wohl in seinem 30-Tonner-Diesel. Der norddeutsche Trucker vagabundiert nicht nur zwischen den Ländern Europas, sondern auch zwischen zwei Familien. In Hamburg hat er Ehefrau und Tochter, in Schweden eine Affäre, die sich, als ein Kind unterwegs ist, zu einer ernsthaften Beziehung auswächst. „Theo ist nicht der Mann, der den Hafen braucht, sondern das offene Meer“, beschreibt Hauptdarsteller Dietmar Bär jenen Trucker aus Überzeugung, den er in dem launigen ARD-Fernsehfilm „Theo, Agnes, Bibi & die Anderen“ spielt.
Theo ist kein Hallodri, kein Casanova. „In seinem Herzen sind die, die er liebt, alle drin“, betont Bär. Er liebt beide Frauen und er ist in beide Familien fest integriert. Doch immer weniger gelingt es ihm, seine geschäftlichen und privaten Termine in Einklang zu bringen. Durch ein verräterisches Foto kommt ihm zunächst seine Ehefrau Agnes auf die Schliche. Doch sie stellt ihn zunächst nicht zur Rede, plant statt dessen einen Urlaub in ihr und Theos Sehnsuchtsland, natürlich in den Strandort, von dem sie schon so viel von ihrem Mann gehört hat. Wenige Meter entfernt von der hochschwangeren Bibi macht nun die Familie Ferien. Eines Tages lernen sich die beiden Frauen kennen – und es beginnt Theos große Leidenszeit.
„Was Theo macht, ist moralisch sicherlich verwerflich“, sagt Drehbuchautor Lothar Kurzawa. Aber er sieht in dem Verhalten seiner Hauptfigur auch etwas zutiefst Menschliches, das ihn liebenswürdig macht. Dieser Theo ist nicht der ewige Junge, der sich vor der Verantwortung drückt, er trägt sie sogar doppelt. „Getrieben wird er von der Sehnsucht, ein ganz anderes Leben zu führen: das Leben, das er lebt, zu behalten, aber gleichzeitig noch ein zweites, anderes Leben zu führen.“ Der innere Zwiespalt, der aus einem solchen Doppelleben entsteht, lässt Trucker Theo zu einem Mann werden, der im wahrsten Sinne ständig auf Achse ist für sich und seine Lieben. Dass dieser Theo kein gewöhnlicher Macho ist, lässt die sich verbündenden Frauen zu entsprechend ungewöhnlichen Gegenmaßnahmen greifen.
„Theo, Agnes, Bibi & die Anderen“ ist eine Komödie – was tiefere Einsichten in das seltsame Verhalten der menschlichen Spezies nicht ausschließt. Im Gewand des komischen Genres muss man die Handlung weniger nach Glaubwürdigkeit abklopfen und kann dafür mehr Möglichkeiten durchspielen. Autor Kurzawa spricht zu Recht vom „anarchischen Potential der Komödie“. Dieses schöpfen er, Regisseur Kaspar Heidelbach und das starke Trio aus dem Urkumpel und zwei bezaubernden weiblichen Figuren, verkörpert von Anna Loos und Ingar Sigvardsdotter, voll aus, ohne dabei den soliden Boden des massenkompatiblen Fernsehfilms zu verlassen. Besonders gelungen ist die Darstellung der beiden Welten, in denen Theo sein Zuhause findet. „Wir haben die gleichen Einstellungen gewählt, ihm das gleiche Auto gegeben, ihn die gleichen Sprüche klopfen lassen“, betont Heidelbach, der zuletzt mit dem Zweiteiler „Der Untergang der Pamir“ von sich reden machte. Diese Inszenierung habe der Regisseur dem Leben abgeguckt: „Männer, die ihre Frauen verlassen und sich eine neue nehmen, führen danach meist genau das gleiche Leben wie vorher und die Frauen wirken auch völlig gleich.“