Team Alpin – Endlich wieder wir / Stromabwärts

Johanna von Gutzeit, Daniel Fritz, Daniel Gawlowski. Nett, gefällig & konventionell

Foto: ZDF / Andreas Fischer
Foto Tilmann P. Gangloff

Zumindest mit der Besetzung der neuen Filmreihe „Team Alpin“ beweist das ZDF recht viel Mut: Das Titeltrio dürfte den meisten Zuschauern komplett unbekannt sein. Hauptdarstellerin ist aber ohnehin das ständig in ein schönes Licht gesetzte Tirol. Die Umsetzung entspricht in Stil und Tempo dem üblichen Standard solcher Filme, weshalb der halsbrecherische Auftakt völlig falsche Erwartungen weckt. Immerhin ist das zentrale Ensemble gut zusammengestellt und meistert die Freundschaftsszenen ebenso glaubwürdig wie die Herausforderungen in den Bergen. Eher dünn ist dagegen die Episoden-Story vom erblindenden Goldschmied, der noch mal einen Gleitschirmflug erleben möchte. Die zweite Episode folgt am 8. November.

Das ZDF verspricht „Erlebnis Outdoor und Freundschaft“, der Vorspann zeigt Menschen beim Klettern und Rafting, und auch der Auftakt der neuen Filmreihe geht ganz schön ab: Die flott geschnittenen Aufnahmen von jungen Männern, die auf ihren Mountain-Bikes halsbrecherisch die Berge runterbrausen und dabei auch Pfade nicht scheuen, die sich Flachlandwanderer nicht mal zu Fuß zutrauen würden, sind ziemlich spektakulär. Aber dann verfällt „Team Alpin“ doch wieder in die übliche Erzählweise, mit der ARD und ZDF ihre Heimatgeschichten gestalten. Von den drei Faktoren Erlebnis, Outdoor und Freundschaft bleiben daher nur noch zwei: ganz viel Natur, in diesem Fall die Tiroler Berge ringsum das Inntal, und noch mehr Freundschaft. Die eigentliche Handlung beginnt mit der in diesem Genre mittlerweile fast schon obligaten Rückkehr, die aber zumindest für Martina (Johanna von Gutzeit) nur vorübergehend sein soll: Sie will sich mit ihrem französischen Freund in Frankreich eine neue Existenz sowie eine Familie gründen; heimgekommen ist sie nur, um den großelterlichen Bauernhof zu verkaufen. Auch für Rupert (Daniel Gawlowski) wird sich etwas ändern: Der Sportkletterer und Weltenbummler muss das Bouldern beenden, weil seine Handsehnen zerschlissen sind. Der Dritte des seit Kindheitstagen eng befreundeten Trios hat die Heimat dagegen nie verlassen: Uli (Daniel Fritz), Ruperts älterer Bruder, wird den Hof seiner Eltern weiterführen und ist ohnehin glücklicher Familienvater, galt aber einst als olympische Ski-Hoffnung. Mit der personellen Konstellation würde das ZDF vermutlich gern Zuschauer erreichen, die wie die Hauptfiguren um die dreißig und ebenfalls dabei sind, ihren Platz im Leben einzunehmen; dafür spricht auch der rasante Einstieg. Die konventionelle Umsetzung mit ihren zum Teil etwas lustlos wirkenden Panoramaschwenks wird jedoch eher die Eltern dieser Altersgruppe ansprechen, die sich gleich zweifach mit den Protagonisten identifizieren können: weil sie diese Phase vor einigen Jahrzehnten selbst erlebt haben; und weil sich in Martina, Rupert und Uli, die sich von alten Träumen verabschieden müssen, aber dafür neue entwickeln, die Lebenswege der eigenen Kinder widerspiegeln.

In erster Linie lassen sich in „Team Alpin“ jedoch die gewohnten Genrezutaten erkennen. Das Drehbuch (Stephanie und Thomas Kronthaler, Silja Clemens), kombiniert wie üblich eine durchgehende Rahmenhandlung mit einer Episodengeschichte. Beide Ebenen bedienen sich dabei diverser Klischees. So abgenutzt wie die Filmsprache mit ihren Gipfelkreuzflügen ist beispielsweise das Heimatfilmstereotyp des schurkischen Bürgermeisters (Maximilian Laprell): Der Mann will die Gunst der Stunde nutzen und das Naturschutzgebiet rund um Martinas Hof in ein Skiparadies umwandeln. Das kann sie natürlich nicht zulassen, und als Jean-Luc (Pierre Kiwitt) ihr beichtet, dass er bereits ohne sie mit der Familiengründung begonnen hat, fällt ihr die Entscheidung überraschend leicht. Der Film erklärt das mit ihrer eigenen Kindheit: Martina ist ohne Vater aufgewachsen und will nicht, dass dem Kind ein ähnliches Schicksal widerfährt. Die Helden solcher Reihen denken ohnehin stets erst mal an ihre Mitmenschen, was im Grunde ja sehr löblich ist. Deshalb findet Martina auch eine Lösung für den großen Wunsch eines Touristenpaars: Der Hamburger Goldschmied Tobias (David Rott) hat in seiner Jugend viel Zeit in den Bergen verbracht, leidet aber nun unter zunehmendem Verlust des Augenlichts. Seine Frau Pia (Meike Droste) überrascht ihn mit einem Gleitschirmflug, bei dem Tobias von einem erfahrenen Flieger begleitet werden soll. Nun kommt erneut der unsympathische Bürgermeister ins Spiel: Ihm gehört nicht nur der örtliche Outdoor-Laden, er veranstaltet diese Flüge auch, und das Risiko ist ihm zu groß. Martina kriegt das mit und muss Rupert nicht lange überreden, die Flugbegleitung zu übernehmen. In der Luft hat er eine Art Erweckungserlebnis, als Tobias ihm anvertraut, dass er mittlerweile praktisch blind ist, sich aber noch nicht getraut hat, das auch Pia zu gestehen. Rupert ist von diesem Moment großer Vertrautheit so beeindruckt, dass er solche Erlebnisse fortan regelmäßig haben will. Martina lässt sich anstecken, und natürlich macht auch Uli mit – die Geburtsstunde ihres „Team Alpin“, mit dem sie anderen besondere Naturerlebnisse verschaffen wollen.

Team Alpin – Endlich wieder wir / Stromabwärts
Martina Stadler (Johanna von Gutzeit) ist nach Engerberg gekommen, um das Haus ihres Großvaters zu verkaufen. Daniel Fritz

Das ist alles ganz nett, zumal das Ensemble gut zusammengestellt ist; gerade das praktisch unbekannte Trio spielt die Freundschaftsszenen sehr glaubwürdig. Trotzdem fehlt dem Film jegliche Spannung. Regisseurin Käthe Niemeyer hat sich aus ZDF-Sicht mit ihren Beiträgen zu „Lena Lorenz“ für die neue Reihe qualifiziert; über weite Strecken sorgt allerdings allein die stellenweise überraschend schmissige Musik für Tempo. Komponisten sind Andreas Weidinger und Patrick Schmitz, die unabhängig voneinander in vielen ZDF-Sonntagsfilmen die akustischen Lücken mit klebriger Klangsauce gefüllt haben. „Team Alpin“ spricht die gleiche Zielgruppe an, weshalb Bernhard Wagner für die entsprechenden Naturaufnahmen gesorgt hat. Anscheinend haben der Kameramann oder seine Regisseurin eine besondere Vorliebe für diesige Gegenlichteinstellungen, bei denen die Sonne so gerade noch hinter einem Berggipfel oder eine Wolke hervorlugt, was zu sehr schönen Bildern führt. Inhaltlich interessant und zumindest ein bisschen aufregend wird der Film aber erst gegen Ende, als Martina und Rupert mit Tobias zum Klettern gehen und die völlig unerfahrene Pia dazu stößt. Es ist zwar eher unrealistisch, dass der Frau gleich eine schwierige Route inklusive Drahtseilbrücke in schwindelnder Höhe zugemutet wird, sorgt aber immerhin für etwas Nervenkitzel. Fast interessanter als die Geschichte ist die sprachliche Ebene. Da der österreichische Bezirk Kufstein an Bayern grenzt, sprechen viele Nebenfiguren (unter anderem Olivia Pascal und Johann Schuler als Eltern Dobler) Bairisch. Das zentrale Trio beschränkt sich allerdings, wenn überhaupt, auf einen leichten Einschlag, und das ist auch gut so: Hauptdarstellerin Johanna von Gutzeit ist in Bochum geboren und in Linz aufgewachsen, Daniel Fritz ist durch und durch Norddeutscher, Daniel Gawlowski gebürtiger Pole. Ähnlich bunt ist auch der Hintergrund der beiden Lebensgefährten: Pierre Kiwitt, aufgewachsen in München, parliert in sympathischem Pierre-Brice-Französisch, hat aber immerhin eine französische Mutter; und die als Nebenfigur fast verschwendete Berlinerin Patricia Meeden spricht mit spanischem Akzent, weil Ulis Frau Francisca aus Südamerika stammt. Der Musical-Star hat allerdings kubanische Wurzeln, insofern passt auch das. (Text-Stand: 25.10.2018)

Der zweite Film, „Stromabwärts“, folgt dem Motto „Aller Anfang ist schwer“. Das beginnt schon beim Bankbesuch: Der Kundenberater ist zwar ein ehemaliger Ruperts, will aber trotzdem Sicherheiten, weshalb ihm Uli kurzerhand den auf ihn überschriebenen elterlichen Hof anbietet; das gibt natürlich Ärger, vor allem mit seinem Vater. Um dem Trio auf die Sprünge zu helfen, hat Ruperts Freund Tom (Max Hochsteiner) die Idee für eine „Win/Win“-Situation. Tom hat mit Chemiker Henrik (Ferdinand Seebacher) und Köchin Kim (Silvana Veit) eine Firma gegründet, die sich selbst erhitzende Mahlzeiten für Wanderer und Abenteurer herstellt. Er lädt einen potenziellen Kunden zur Wildwassertour ein, in deren Rahmen sich die beiden Unternehmen präsentieren können. Der Plan scheint aufzugehen, aber dann verletzt sich Sophia (Gesine Cukrowski), die Existenzgründern als „Business-Engel“ unter die Arme greift, und muss in ein künstliches Koma versetzt werden. Prompt erlebt die Alpinschule ihre erste Krise, zumal Rupert immer größere Probleme mit seiner Hand bekommt; auch Toms Firma steht vor dem Aus. „Stromabwärts“ schwelgt nicht mehr ganz so hemmungslos in Landschaftsbildern, aber es bleibt beim Kontrast zwischen jungen Protagonisten und altmodischer Umsetzung. Dazu passt der Bluff zum Auftakt: Die Rettungsaktion, als Martina scheinbar bewusstlos in einer Steilwand hängt, entpuppt sich als Bergungsübung. Autor des zweiten Drehbuchs ist Jürgen Matthäi, der den Darstellern viel Jugendjargon in den Mund legt (mega, krass, geil, ultracool) und für ein pubertäres Drama sorgt: Henrik gesteht Kim seine Liebe, aber sie betrachtet ihn bloß als guten Freund. Henrik schmollt, betrinkt sich und will abreisen, erst recht, als er Tom und Kim in missverständlicher Umarmung sieht; dabei ist der in Sophia verliebt. Das Alpin-Trio ist auch in „Stromabwärts“ wieder glaubwürdig; die Gastdarsteller agieren dagegen mitunter etwas hölzern. Längst nicht so spektakulär wie innerhalb des Films angekündigt ist Fahrt mit aufgepumpten Lkw-Schläuchen auf einem reißenden Bach, zumal die vielen Zeitlupeneinstellungen sogar noch Tempo herausnehmen. Auch das ist typisch: Die muntere elektronische Musik signalisiert wie schon in Teil 1 eine Agilität, mit der die Umsetzung nicht Schritt halten kann; da helfen auch die diesmal deutlich öfter eingesetzten Popsongs nicht weiter. Wer sich daran nicht stört, wird selbstverständlich wissen wollen, wie’s weitergeht, denn Vater Dobner sorgt dafür, dass die Geschichte unversöhnlich endet. Außerdem hat Matthäi schon mal die Saat für ein großes neues Thema gelegt: Martinas früh verstorbene Mutter hat der Tochter nie erzählt, wer ihr Erzeuger ist. Die ebenfalls vaterlos aufgewachsene Kim rät ihr dringend, nach ihm zu suchen, bevor es womöglich zu spät ist; sie hat ihren Vater erst kurz vor dessen Tod gefunden.

Team Alpin – Endlich wieder wir / StromabwärtsFoto: ZDF / Andreas Fischer
Freundschaft & verbindliche Beziehungen sind das Herzstück der ZDF-Reihe „Team Alpin“, die über 4 Episoden nicht hinauskam.

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Reihe

ZDF

Mit Johanna von Gutzeit, Daniel Fritz, Daniel Gawlowski, Pierre Kiwitt, Olivia Pascal, Johann Schuler, Patricia Meeden, Maximilian Laprell.

Episodenrollen: (1) David Rott, Meike Droste (2) Gesine Cukrowski, Max Hemmersdorfer, Ferdinand Seebacher, Silvana Veit

Kamera: Bernhard Wagner

Szenenbild: Michael Wiese

Kostüm: Matthias Vöcking, Joachim Kuhlmann

Schnitt: Michele Gentile

Musik: Andreas Weidinger, Patrick Schmitz

Soundtrack: Robin Schulz feat. Francesco Yates („Sugar“), Holiday Park („I’m Wating”), Tom Odell („Heal”)

Redaktion: Sophie Venga Fitz

Produktionsfirma: Network Movie,

Produktion: Gabriele Graf, Wolfgang Cimera

Drehbuch: Stephanie Kronthaler, Thomas Kronthaler, Silja Clemens, Jürgen Matthäi

Regie: Käthe Niemeyer

Quote: (1): 4,30 Mio. Zuschauer (13,3% MA); (2): 4,03 Mio. (13,2% MA)

EA: 01.11.2018 20:15 Uhr | ZDF

weitere EA: „Stromabwärts“: 8.11.2018

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