Tobias Moretti hält es mit dem körperlichen Einsatz in seinen Filmen anders als die amerikanischen Action-Stars. “Da machen die Amis gleich einen Mythos draus und eigentlich sind’s doch alles Mimöschen.” Der Österreicher langt noch selber hin, peitscht Bizeps und Waschbrettbauch an die Grenzen des im Rahmen eines Filmdrehs möglichen. Für den Mann, der als Herrchen von Kommissar Rex zu internationalem Ruhm auflief, nachdem er an Wiener und Münchner Bühnen jahrelang die Klassiker rauf und runter deklamierte, Ehrensache. “Wenn man so etwas spielt, dann muss man es auch selbst machen.” Für “Tattoo – Tödliche Zeichen” musste sich Moretti besonders ins Zeug legen. Sechs Meter stürzt er durch einen Schacht in 8° kaltes Wasser und war minutenlang eingeschlossen in einer Art unterirdischem Grab mit nur einer Öffnung für die Kamera. “Eine Horrorvision von Poescher Güte”, sagt er.
Moretti ist der klassische Naturbursche. Als Jugendlicher war er bei der Bergrettung, als Student entdeckte er das Wildwasserfahren und kraxelte mit Skieren und Fellen auf Berggipfel. Heute ist er Werksfahrer bei Porsche. Für ihn seien Extremsportarten eine natürliche, biographisch bedingte Lust, nicht die zwanghafte “Möglichkeit, Reizgrenzen auszuloten”. Er suche weder Gefahr noch psychologischen Kick. In dem TV-Movie spielt Moretti einen Spezialtaucher, der bei Vermessungsarbeiten in der Wiener Unter(wasser)welt in eine unbekannte Katakombe einbricht. Dort glaubt er, einen legendären Schatz entdeckt zu haben. Es ist die Chance für den ehemaligen Abenteurer, der bis zu einem Tauchunfall allein für seine Utopien lebte. Noch einmal flackert ein Licht am Ende des Tunnels.
Der Look stimmt. Auch die Action-Szenen sind für Fernsehverhältnisse ansehnlich. Regisseur Curt Faudon, ein erfahrener Werbefilmer, weiß wie mans’s macht. Gedreht wurde 30 Tage mit der First Unit (Drama) und 11 Tage mit der Action-Unit. Es wurde mit zwei Kameras gearbeitet. Das Schnitt-Konzept hatte Faudon bereits beim Drehen im Kopf. Ergebnis: viel knallender Schutt, Lichteffekte im Untergrund – ein Hauch von “Der dritte Mann” flackert durch die Szenerie. Dagegen sollte man auf die hanebüchene Geschichte keinen Gedanken verschwenden. Und im trüben Sandwasser der Wiener Kanalisation geht auch das unter, was sich Moretti gewünscht hatte: das menschlich subtile Drama. (Text-Stand: 5.12.2000)
Foto: ORF / Fuhrmann