Tatort – Zirkuskind

Folkerts, Fries, Koffler, Endemann. Wenig Manegen-Zauber, viel Krimi-Routine

Foto: SWR / Alexander Kluge
Foto Volker Bergmeister

Lena Odenthal und Kollege Mario Kopper schnuppern Zirkusluft. Der Schauplatz hat eine besondere Aura – der „Tatort: Zirkuskind“ von Till Endemann vermittelt davon wenig. Die Welt der Akrobaten und Clowns wird nicht erlebt, sie ist zumeist nur Kulisse für eine konventionelle Krimigeschichte um klassische Themen wie Gier und Eifersucht, verletzten Stolz und Kampf ums Überleben – inklusive einiger Basics zum illegalen Antiqitätenhandel. Trotz der Jungstars Liv Lisa Fries & Hanno Koffler nicht mehr als Krimi-Durchschnitt!

Der Zirkus als „Tatort“ – war da nicht gerade erst…?! Ja. Es ist nicht mal zwei Monate her, da tauchte Ulrich Tukur als Kommissar Murot ein in die Welt der Clowns, Dompteure und Akrobaten. In „Schwindelfrei“ lebte Zirkus – ein atmosphärisch glänzender Krimi, man atmete am Bildschirm Zirkusluft, Tukur merkte man in seinem Spiel die Leidenschaft für den Zirkus an, die Musik stimmte, die Charaktere waren glänzend gezeichnet. Auch damals war der Kommissar samt Assistentin bei der Vorstellung anwesend. Da klagt die Zirkus-Branche über Zuschauerschwund, aber Deutschlands TV-Kommissare füllen die Sitzreihen. Eigentlich gibt es ja eine „Tatort“-Koordinierungsstelle, beim WDR in Köln, hier werden Themen abgestimmt. Muss man wohl übersehen haben, diese Doublette, unter der vor allem der neue SWR-„Tatort“ zu leiden hat. Denn der fällt deutlich ab, nutzt den Zirkus nur als Kulisse für eine nicht sonderlich inspirierend erzählte Krimigeschichte mit erwartbaren Bildern um den Zauber der Manege und den Kampf ums Überleben, der sich hinter den Kulissen abspielt.

Tatort – ZirkuskindFoto: SWR / Alexander Kluge
Zirkus Patriarchin Lousiana muss den Laden zusammenhalten. Bierchen mit Lena Odenthal. Ulrike Folkerts & Steffi Kühnert

Das ist der Plot: Der kleine Familien- und Wanderzirkus Burani gastiert in Ludwigshafen. Lena Odenthal (Folkerts) und Mario Kopper (Hoppe) sind in einer Vorstellung. Tags darauf kehren sie in den Zirkus zurück, denn einer der Mitarbeiter wurde nach der Vorstellung erschlagen und liegt in der Manege. Patriarchin Lousiana (Kühnert) schert sich wenig um den Tod von Pit. Sie hat genug damit zu tun, das Überleben ihres kleinen Unternehmens zu sichern und ihre Tochter Felicitas (Fries) bei der Stange zu halten. Außerdem traute sie Pit nicht über den Weg. Robbi (Kofler), der Bruder des Opfers, erzählt von einem Streit in einer Kneipe und von einem Unbekannten, der sich am zirkuseigenen Unimog zu schaffen gemacht hat. Kopper geht der Spur nach und trifft auf einen paranoiden Typen. Doch bald wendet sich das Blatt. Es gibt  Hinweise, dass Pit und Robbi den Winteraufenthalt in Tunesien nutzten, um Schmuggel zu betreiben. Nicht mit Drogen, sondern mit wertvollen Antiquitäten. Bei diesen Geschäften haben sie sich Feinde gemacht. Aber auch Eifersucht kommt als Mordmotiv in Frage.

Mit Till Endemann („Auslandseinsatz“) hat man einem „Tatort“-Neuling die Regie anvertraut, um die dienstälteste Kommissarin der ARD-Reihe in Szene zu setzen. Doch dem gelingt es nur selten, den Zirkus, Ort der Träume, Ort der Phantasie, Ort des Wandels, anders als in bekannten Bildern einzufangen. Und „Tatort“-Vielschreiber Harald Göckeritz („Tatort“-Debüt 1995 mit „Blutiger Asphalt“) erzählt eine sehr konventionelle Krimigeschichte, in der auch noch das Thema weltweiter Antiquitätenhandel eher langweilig aufbereitet wird. Mit Liv Lisa Fries und Hanno Koffler hat man junge, frische Gesichter, doch die beiden hoch talentierten Jungstars sind eingeschnürt in das Korsett ihrer Rollen. Ihr Spiel zwischen Akrobatenstolz und Melancholie zählt noch zu den wenigen sehenswerten Aspekten dieses durchschnittlichen „Tatort“-Krimis. Carlo Ljubek als böser Bube Serge erinnert bei seinen Auftritten an Fassbinder-Figuren aus den 1970er-Jahren und wirkt ein wenig wie im falschen Film.

2014 feiert Ulrike Folkerts als Lena Odenthal Jubiläum. Seit 25 Jahren ist sie „Tatort“-Kommissarin. Im Herbst löst sie ihren 60. Fall – und bekommt dazu (und in den Folgen darauf) Verstärkung durch die Analyse-Spezialistin Johanna Stern, gespielt von Lisa Bitter. Ob das reicht, dem in die Jahre gekommenen und in Routine erstarrten Ermittler-Duo neue Impulse zu geben? Die wären dringend notwendig… (Text-Stand: 22.1.2014)

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Reihe

SWR

Mit Ulrike Folkerts, Andreas Hoppe, Liv Lisa Fries, Hanno Koffler, Steffi Kühnert, Carlo Ljubek und Fritz Roth

Kamera: Andreas Schäfauer

Szenenbild: Florian Haarmann

Kostüm: Stephanie Kühne

Schnitt: Saskia Metten

Produktionsfirma: Maran Film

Drehbuch: Harald Göckeritz

Regie: Till Endemann

Quote: 9,38 Mio. Zuschauer (25,2% MA); Wh.: 5,37 Mio. (16,7% MA)

EA: 16.02.2014 20:15 Uhr | ARD

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