Eine Frau wird bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt, der Fahrer des Wagens flieht. Bevor Kommissar Stellbrink (Devid Striesow) davon erfährt, wird er erst auf dem Weihnachtsmarkt um seine Brieftasche und sein Handy erleichtert. Wenig später wird Taxifahrer Theo „Teddy“ Diehl in seiner Wohnung getötet. Sein Mitbewohner und Kollege Jupp (Florian Bartholomäi) findet ihn und sucht aus Angst das Weite. Dabei trifft er auf die hochschwangere Sizilianerin Maria (Fanny Krausz), die kurz vor ihrer Niederkunft heimlich das Haus ihrer Schwiegereltern verlassen hat. Er will sie mit dem Taxi zu ihrer Großmutter nach Sizilien fahren, doch die Wehen haben bereits eingesetzt. Jetzt suchen die beiden eine Herberge, in der sie vor der Polizei und Marias Schwiegereltern sicher sind. Jens Stellbrink und sein Team untersuchen unterdessen die Ereignisse, die zum Tod des Taxifahrers geführt haben. Der junge Mann hatte einen reflektorischen Herzstillstand erlitten, als ihn der Täter mit der Lichterkette strangulierte, mit der Teddy seinen Weihnachtsbaum schmücken wollte. Stellbrink sucht nach Jupp. Dabei stoßen er und seine Kollegin Lisa Marx (Brück) auf einen sizilianische Familienzwist, ein deutsches Ehedrama, einen um seine schwerverletzte Freundin bangenden jungen Mann und eine Erpressung, in die Unterweltgröße King George (herrlich: Gregor Bloéb) verstrickt ist.
Es ist der vierte „Tatort“ für Devid Striesow als Kommissar Stellbrink. Und nach einem glatten Fehlstart mit den ersten beiden Folgen, scheint man im äußersten Südwesten der Republik langsam in die Spur zu kommen. Dazu hat man auch den Regisseur gewechselt: Zoltan Spirandelli, der 2011 bereits den Stuttgarter „Tatort – Grabenkämpfe“ in Szene gesetzt hat, drehte den Krimi um einen tödlichen Unglücksfall, einen Mord, um Erpressung, eine zarte Liebesbande und um eine Niederkunft im Stall. Und die hat Autor Michael Illner passend zur Weihnachtszeit an die wohl bekannteste Geburt des Christentums angelehnt. Seine Maria ist eine Sizilianerin, flieht vor den Schwiegereltern, weil das Kind von einem anderen als ihrem verstorbenen Ehemann stammt. Und sein Josef heißt Jupp, ist Taxifahrer, der verdächtigt wird, seinen Kollegen getötet zu haben. Nun suchen Maria und Josef eine Herberge, finden einen verlassenen Stall und mit Unterstützung von Kommissar Stellbrink bringt die Frau, nein keinen Heiland, ein ganz normales Baby zur Welt. Florian Bartholomäi spielt diesen jungen Mann, der nicht weiß, wie ihm geschieht, wohltuend zurückgenommen und nuanciert. Fanny Krausz bieten sich für ihre Maria dagegen nur beschränkte Spielmöglichkeiten. Florian Bartholomäi, längst noch keine Dreißig, zählt übrigens jetzt schon zu den gefragtesten „Tatort“-Schauspielern. Bereits zum elften Mal hat er seit 2005 eine Episodenrolle innerhalb der ARD-Vorzeige-Krimi-Reihe, spielt mal Gute und Böse und ist damit „Rekordherren“ wie Kranzkowski, Hallwachs, Faßnacht, Mattausch oder Brambach auf den Fersen.
Es weihnachtet sehr im „Tatort: Weihnachtsgeld“: Ermittelt wird zwischen Glühweinbuden, Nikoläusen und leuchtenden Kinderaugen. Der Saar-Cop gerät auf dem Weihnachtsmarkt an Tachendiebe. „Ist diese Stadt denn nur kriminell?“, ruft Stellbrink, da ist der Dieb allerdings mit Geld & Handy schon über alle Berge. Fortan ist er wieder auf das gute alte stationäre Telefon angewiesen oder aber nicht erreichbar. Eine hübsche, kleine Note im Zeitalter der Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit. Doch nicht alles in diesem Christmas-Event-„Tatort“ ist originell. An manchen Stellen holpert es gewaltig. Weihnachten im Kommissariat – da muss der Mitarbeiterchor üben und gut gelaunt werden Sektgläser geleert. Das wirkt brav, bieder, provinziell. Auch wenn es ein Weihnachts-„Tatort“ ist – muss man denn deshalb die immer gleichen Rituale bemühen?! Und dann noch Diebe auf dem Weihnachtsmarkt: wie originell!
Insgesamt kommt der neue Saarbrücken-„Tatort: Weihnachtsgeld“ aber deutlich gereifter rüber. Die Geschichte schreitet relativ stringent voran und ist noch mehr auf Stellbrink zugeschnitten. Seine kühle, eher blass agierende Kollegin Lisa Marx (Elisabeth Brück) und vor allem die überdrehte Staatsanwältin Nicole Dubois (Sandra Steinbach) sind deutlich zurückgenommen. Und die Figur des eigenwilligen Ermittlers, der – und das mit zwei Rädern hat ja Tradition im Saar-„Tatort“ – mit seiner Vespa den bösen Buben hinterher jagt, ist nicht mehr ganz so abgedreht und überzeichnet wie zum Auftakt. Michael Illner, routinierter und versierter Krimi-Autor (12 Folgen „Stubbe“, elf Folgen „Polizeirruf:110“, NDR-„Tatort: Undercover Camping“), Erfinder der Figur „Balko“ und Grimme-Preisträger für den herausragenden „Polizeiruf 110 – Totes Gleis“, hat eine spannungsreiche, verästelte Story entworfen, die in den letzten Minuten eine neue, wenn auch nicht sonderlich überraschende Wendung nimmt. Devid Striesow fühlt sich sichtlich wohl(er) in diesem Plot und auch in der jahreszeitlichen Einbindung: „Ich bin ein absoluter Weihnachtsfan“, bekennt er.
Fazit: In Saarbrücken ist man mit dem „Tatort“ endlich auf einem guten Weg, nicht mehr so wunderlich und betulich wie in den ersten Folgen – auch wenn immer noch reichlich Luft nach oben ist. Die Geschichten werden besser, die Figur des Jens Stellbrink, der nicht mehr so klamaukig, aber weiter mit viel Intuition und eigenwilligen Methoden seine Fälle löst, macht weiter neugierig. Und die Weihnachtsfeier im Kommissariat ist ja Gott sei dank vorbei.