Der Mann ist tot, keine Frage; und das schon seit 16 Jahren. So lange ruht er bereits auf dem Grund des beschaulichen Tiroler Sees. Ein Schirmständer, mit dem die Leiche beschwert worden ist, deutet an, dass es sich kaum um einen Badeunfall gehandelt hat. Tatsächlich hat der Mann ein hässliches Loch in der Brust. Dahinter findet die Rechtsmedizinerin einen DDR-Pfennig. Mit Hilfe von Archiv und Internet reimt sich Moritz Eisner, der Wiener Kommissar für spezielle Fälle (Krassnitzer), den Hintergrund zusammen: Der Tote, ein Chemiker namens Borowski, muss sich weiland kurz vor der „Wende“ mit einem Teil der mysteriösen Stasi-Milliarden abgesetzt haben und wollte sich wohl in Tirol samt Tochter Sonja seinen Lebensabend einrichten. Die Tochter ist mittlerweile erwachsen (Tonke), Geschäftsführerin des besten Hotels am Platze und dem Inhaber (Samarovski) des Domizils wie ein eigenes Kind ans Herz gewachsen. Oder plagt ihn bloß das schlechte Gewissen? Er ist nämlich just zur Zeit von Borowskis Verschwinden unvermutet zu viel Geld gekommen. Gleiches gilt für seine Jagdkumpane, den Autohändler Unterberger (Helmut Berger) und den Bankier Holzer (Breitfuß). „Einer für alle, alle für einen“, lautet ihr musketierisches Freundschaftsmotto: Ausdruck echter Zuneigung – oder ständige Mahnung, dass man in einem Boot sitzt?
„Der Weg zur Lösung ist so wendungsreich wie eine alpine Passstraße – bodenständiges Personal, dezente Darsteller und ein intelligentes Drehbuch machen die ruhig erzählte Tätersuche sehenswert.“ (TV-Spielfilm)
Das Drehbuch zu diesem richtig guten ORF-„Tatort“ stammt von Felix Mitterer („Die Piefke-Saga“) und Regisseur Wolfgang Murnberger. Die beiden erzählen eine Geschichte, die Krimi-Fans mit immer wieder neuen Wendungen entzückt, denn dem Titel „Tödliche Habgier“ zum Trotz ist der Fall keineswegs so klar, wie es zunächst scheint. Alsbald stellt sich beispielsweise dank eines DNA-Abgleichs heraus, dass der Tote mitnichten Sonjas Vater ist. Außerdem übernehmen spätestens im letzten Drittel die Frauen die Initiative: Sonja, nach dem Freitod ihres Ziehvaters ein zweites Mal verwaist, beweist erstaunliches detektivisches Gespür und sinnt zudem auf Rache… Mehr als nur eine Erwähnung wert ist das vorzügliche Sounddesign, eine äußerst sorgfältige Klangcollage aus Musik und Geräuschen. Murnberger übertreibt zwar mitunter das Spiegelspiel, versöhnt aber durch kleine Anschlusskunststücke, wenn er etwa kaum wahrnehmbar vom skelettierten Schädel auf eine Totenkopfmaske schneidet. Der in sich ruhende Harald Krassnitzer ist ohnehin sehenswert; und das nicht nur wegen seiner Seitenhiebe auf die Einheimischen. (Text-Stand: 24.6.2007)