Eine Rentnerin liegt tot in ihrer Wohnung, die einer Sicherheitszelle gleicht. Ruth Thalheim saß zwischen 1972 und 1980 als „Politische“ in Bautzen. Nach der Wende kam sie nach Bremen. Ein Öko-Manager, in jungen Jahren ein linksradikaler Aktivist mit DDR-Kontakten, griff ihr finanziell unter die Arme. Stedefreund glaubt jenen „Wessie“ Hans Rodenburg noch immer in alte Stasi-Seilschaften verwickelt. Dass Inga Lürsen den Altlinken noch aus ihrer politischen Zeit kennt, weckt in Stedefreund den Verdacht, dass seine Chefin die Ermittlungen behindert. Ihm werden sogar Informationen zugespielt, dass sie als jugendliche IM der Stasi geführt wurde. Ist etwas dran an den Vorwürfen oder ist alles nur Psycho-Terror der Stasi-Erben?
Ein nicht unspannender Themen-Krimi
„Wir haben zwar eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg“, lautete das Motto der Stasi-Oberen, Anfang der 90er Jahre. Der Dokumentarist und investigative Journalist Wilfried Huismann hat jahrelang im Sumpf des weit verzweigten Wirtschaftsimperiums der Stasi recherchiert. 20 Milliarden Westmark wurden auf die Seite geschafft. Die Folge: „Die alte DDR-Stasi ist tot – die neue ist überall“, so Huismann. „Schlafende Hunde“ basiert auf dieser auch von ermittelnden Staatsanwälten bestätigten These. Gemeinsam mit Dagmar Gabler schrieb er das Drehbuch zu diesem „Tatort“, der jenseits des üblichen Whodunits ein nicht unrealistisches und nicht unspannendes Verschwörungsszenario entwickelt.
Wilfried Husmann über den Sinn von Recherche:
„Die Fakten beschränken die Phantasie nicht, sie geben ihr Flügel. Ich hatte das Glück, Protagonisten aus dem Stasi-Netzwerk persönlich kennen lernen zu dürfen und weiß ungefähr wie sie denken, agieren, sprechen. Je besser man seine Protagonisten versteht, desto freier kann man ihr neues Leben im Drehbuch gestalten.“
Es ist nicht leicht, gegen ein System im System zu ermitteln. Und es ist nicht leicht, einen politischen Stoff in einen Krimi zu verwandeln, ohne dass es bemüht und gezwungen wirkt. Dem Bremer „Tatort“ gelingt es weitgehend – auch weil die Story mit den passenden Bildern erzählt wird. Die Ästhetik übertreibt aber nicht den Bedrohungsaspekt, sie verselbständigt sich nicht zu einem Genrekunststück, das die Faktenlage gezwungenermaßen vergessen lassen würde. Dem guten Gesamteindruck entsprechen auch die Gast-Schauspieler: Jürgen Prochnow als charismatischer Manager mit Moral oder Laura Tonke als hübsche Salon-Bolschewistin machen eine gute Figur. Und Postel/Mommsen bzw. Lürsen/Stedefreund sind angenehm ernsthaft bei der Sache und verzetteln sich dieses Mal nicht im Privathickhack.