Leben und Tod, „Alberichs“ Geburtstag und Boernes Leberwerte, die Symptome für eine Krebserkrankung sein könnten, diese private Ebene findet im Beruflichen ihre Entsprechung – geht es doch im aktuellen Mordfall der Münsteraner Kripo um den mysteriösen Tod eines Apothekers und den Handel mit Medikamenten, die in der Chemotherapie eingesetzt werden. Während Thiel und Nadeshda Krusenstern die Ermittlungen aufnehmen, muss sich Boerne im Krankenhaus einer Operation unterziehen, selbstredend nicht ohne dabei einen kritischen Blick auf das Krankenhausgeschehen zu werfen. Silke Haller alias „Alberich“ wird in der Episode bedauerlicher Weise im Keller der Pathologie bis auf wenige Szenen unsichtbar abgestellt.
„Mord ist die beste Medizin“ ist ein klassischer Münster-„Tatort“, der sich auffällig stark auf die erprobten Charakteristika des westfälischen Reihe-Ablegers verlässt. Die bekannten Sticheleien zwischen den Vertretern der Stammbesetzung, zu der neben den bereits genannten auch Staatsanwältin Klemm gehört, liefern zuverlässig die erwartete Prise Humor, die den unverwechselbaren Charakter der „Münsteraner“ ausmacht. So ist auch „Mord ist die beste Medizin“ vornehmlich eine Komödie, die sich weder um berührende Dramen noch um atemberaubende Spannung bemüht, sondern die meiste Zeit mit großer Ruhe und dem gewohnt zwinkernden Auge vor sich hinplätschert. Auch stilistisch ist der Film von Thomas Jauch unscheinbar geraten, um nicht zu sagen austauschbar. Ein leichter Hang zu Erdtönen ließe sich beschreiben, der die Ruhe der Inszenierung auf der visuellen Ebene widerspiegelt.
Nur ab und an reißen kleine dramaturgische Brüche den Zuschauer aus dem gwohnten Münster-„Tatort“-Einheitstrott. Ein kleiner Moment der Tragik, wenn Börnes Hypochondrie sich als waschechter Krebsverdacht herausstellt, vermag einen vorübergehend um den liebenswerten Unsympathen bangen lassen, und eine Episode im Narkose-Taumel entwickelt kurzzeitig fast so etwas wie Thriller-Atmosphäre. Doch bleiben diese Brüche isoliert, fast wie Zäsuren, gehen nicht fließend in die übrige Inszenierung über. „Mord ist die beste Medizin“ entbehrt eines kohärenten dramaturgischen Konzepts und wirkt ein wenig fragmentarisch, wie ein Mosaik aus Handlungselementen, die als einzelne Bausteine sichtbar bleiben.
Auch und vor allem das Drehbuch bringt – wie es zuletzt einige Male gelang – weder substantielle Schrägheit („Das Wunder von Wolbeck“) noch eine Spur mehr Ernsthaftigkeit („Der Hammer“) in das von Haus aus komödiantische Krimi-Konzept. Der Plot bleibt ein eher schwacher Whodunit. Dorothee Schön präsentiert zu wenig plausible Verdächtige, so dass sich der Zuschauer die Hintergründe dieses recht platten Pharmaskandals viel zu schnell zusammenreimen kann. Hierdurch fehlt es dem Film insbesondere im letzten Drittel an Spannung: Statt zu bangen und zu rätseln wartet man nur darauf, dass auch die Polizei endlich die Indizien richtig deuten möge. In diesem Kontext kann der kleine Tempoaufschwung am Ende nur noch wie ein nach „Tatort“-Schema-F konstruiertes Finale erscheinen.
Die neckischen Dialoge zwischen Boerne und Thiel haben auch dieses Mal wieder hohen Unterhaltungswert. Deutlich weniger Mühe gaben sich Jauch und Schön bei den Gast-Figuren und deren Darstellung. Boernes Zimmernachbarn erscheinen dem komödiantischen Konzept entsprechend als reine Witzfiguren, das Krankenhauspersonal bleibt zu sehr in seinen jeweiligen Funktionen stecken, um Persönlichkeit zu entwickeln. Der nicht zu leugnende Charme des ungleichen Ermittlerduos Boerne-Thiel vermag diesen spannungsarmen „Tatort“ aber letztlich nicht allein zu tragen. Es fehlt an Pfiff, an originellen Ideen, sei es auf stilistischer Ebene, in Form einnehmender Charaktere, einer besonderen Geschichte oder eines interessanten Settings. Der „Tatort – Mord ist die beste Medizin“ zeigt sehr deutlich, dass Humor allein für einen guten Krimi eben nicht ausreicht.