Selbst in Fachkreisen wird man diesen Namen kaum kennen. Dabei hat der Schweizer Regisseur Manuel Flurin Hendry 2004 mit „Strähl“ einen hochinteressanten, allerdings auch überaus schmutzigen Polizeifilm gedreht. Einen „Tatort“, das war klar, muss er anders inszenieren; aber das Engagement belegt den festen Vorsatz von Produktion und Redaktion, neue, junge Regisseure für die Reihe zu entdecken. Hendrys Handschrift zeigt sich vor allem in den Anschlüssen: Bild- und Szenenwechsel inszeniert er mit einer Kunstfertigkeit, die so eindrucksvoll ist, dass sie fast schon von der Handlung ablenkt.
Vielleicht liegt das aber auch an der Geschichte von Autor Norbert Ehry, denn die ist im Grunde eher schlicht, aber kompliziert verpackt. Ein Mann wird tot aus dem Rhein gefischt. Die Kölner Kommissare Ballauf und Schenk (Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär) nehmen gleich mal die Witwe ins Visier. Vor allem für Schenk, dem die eigenen Eheprobleme ohnehin das Hirn vernebeln, ist der Fall klar: Die Gattin (Angela Roy) des Ermordeten hat ein Verhältnis mit dem jungen Mechaniker Ahmet (Erhan Emre), also wird sie ihn zu dem Mord angestiftet haben, um hernach gemeinsam mit ihm die Lebensversicherung zu verprassen.
Aber so einfach ist die Sache nicht. Es kommt noch die junge Türkin Fatma (Pegah Ferydoni) ins Spiel. Sie ist mit Ahmet befreundet, was ihr strenger Vater (Adnan Maral) auf keinen Fall wissen darf (Ferydoni und Maral waren bereits in der ARD-Serie „Türkisch für Anfänger“ Vater und Tochter). Fatma weiß allerdings nicht (und wundert sich offenbar auch nicht), warum sich Ahmet und sein Kumpel aus der Werkstatt so tolle Autos, fette Uhren und feine Klamotten leisten können: Die beiden verdienen sich als Jungs vom „Begleit-Service“ mehr als nur einen Extralohn. Eine wesentliche, aber weitgehend undurchsichtige Rolle spielt auch Michelle, die Frau des Werkstattbesitzers. Und dann liegt Ahmet tot in seinem Liebesnest.
Ähnlich wie Hendrys Inszenierung sind auch Ehrys Dialoge ein bisschen aus der gewohnten Bahn geraten. Gerade bei den Befragungen durch die Kommissare entwickeln sich die Gespräche mitunter in eine ungewöhnliche Richtung, weil sich die Befragten ungefragt über die Dinge des Lebens auslassen und die Sphinx-hafte Michelle (göttinnengleich: Jeanette Hain) Ballauf zudem ganz ungeniert anflirtet. All das macht „Liebe am Nachmittag“ nicht unbedingt zu einem großen „Tatort“, aber sehenswert ist er in jedem Fall. (Text-Stand: 5.11.2006)