So nah ist dem kühlen Max Ballauf ein Fall selten gegangen. Klaus J. Behrendt darf endlich einmal die Tiefe der Figur ausloten. Und Thomas Stiller (Buch und Regie) ist mit „Die Blume des Bösen“ einer der intensivsten und packendsten „Tatort“-Beiträge aus Köln gelungen. Im formvollendeten Düster-Stil amerikanischer Kinokrimis erzählt er eine Geschichte, die weniger von der Suche nach dem Täter lebt, sondern von der Frage, wer das nächste Opfer sein wird; und ob Ballauf in dem Katz-und-Maus-Spiel überhaupt eine Chance hat.
Die Geschichte beginnt zweigleisig. Ballaufs Cousine Beatrice (Nadeshda Brennicke), das schwarze Schaf der Familie, muss zu einer Krebsuntersuchung ins Krankenhaus und bittet ihn, solange Haus, Kind und Katze zu hüten. Derweil treibt ein Unbekannter ein böses Spiel mit dem Kommissar: Als der einen Umschlag öffnet, sprüht ihm eine gelbe Flüssigkeit ins Gesicht. Ein anonymer Anrufer klärt ihn auf: Wenn Ballauf die Säure nicht innerhalb von Sekunden abwäscht, wird sie ihm die Haut wegätzen. Panisch rast der Kommissar zum nächsten Waschbecken. Der üble Streich entpuppt sich zwar als harmlos, doch er ist bloß der Auftakt zu einem Spiel auf Leben und Tod. Kurz drauf wird eine junge Frau ermordet, mit der Ballauf vor Jahren eine kurze Affäre hatte. Und das nächste Opfer steht bereits fest. Mit dieser Frau war der Kommissar befreundet. Um ihr Leben zu retten, geht er auf die Forderungen des Anrufes ein, der ihn mit 300.000 Euro quer durch Köln von einem Telefon zum nächsten hetzt. Am Ende muss er das Geld vor den Augen von Obdachlosen verbrennen. Weil ihm ein paar Banknoten geklaut werden, geht das perfide Spiel weiter. Hier ist jemand auf Rache aus.
Fieberhaft wühlen Ballauf und sein Kollege Schenk (Dietmar Bär) in alten Akten; vergeblich. Dafür gelingt es, das jüngste Rätsel mit dem Hinweis auf das nächste Opfer zu knacken: Die titelgebende „Blume des Bösen“ bezieht sich auf ein Gedicht von Beaudelaire; gemeint ist niemand anders als Beatrice. Spätestens gegen Ende, wenn auch noch Freddy Schenk dem Rächer hilflos ausgeliefert ist, entwickelt dieser „Tatort“ eine Spannung, die selbst für diese Krimi-Reihe durchaus ungewöhnlich ist. Wer hätte gedacht, dass nach 35 Filmen mit dem Duo Ballauf/Schenk noch so viel Potenzial in den Figuren steckt.