Tatort – Der Reini

Löbau, Wagner, Hohnloser, Mielke, Aschenbrenner, Bernd Lange, Robert Thalheim. Frieders Unglück

16.11.2025 20:15 ARD TV-Premiere
16.11.2025 20:15 ARD-Mediathek Streaming-Premiere
16.11.2025 21:45 One
18.11.2025 00:45 ARD
Foto: SWR / Benoît Linder
Foto Martina Kalweit

Allem Anschein nach hapert es bei der Freiburger Kripo am Teambuilding. Die Chefin ist auf Fortbildung, Neuling Ella überfordert, der Mann, der es richten könnte, plötzlich nicht mehr erreichbar. „Tatort – Der Reini“ (SWR) erzählt von Macht und Ohnmacht, Schuldzuweisungen und Irrtümern. Dabei wird nichts zerredet oder breitgetreten. Die Freiburger bleiben sich treu: kleine Gesten, feine Ausschläge auf der Skala der Emotionen. Was sich im Trio von professionell Ermittelnden wieder einrenken lässt, führt beim zweiten Dreigestirn des Falls, den Verdächtigen im Mordfall an einem Apotheker, in die Katastrophe. Dieser „Tatort“ handelt nicht vom Fall allein. Er führt eine horizontal erzählte Familiengeschichte zu ihrem Ende. Happy wird’s nicht.

Drehbuchautor Bernd Lange und Regisseur Robert Thalheim entwickelten die Freiburger Einstiegsepisode „Tatort – Goldbach“ (2017). Mit Tobler und Berg schufen sie ein Ermittlerpaar, das mehr mitbringt als kriminalistisches Handwerk und sich besser kennt als viele Kollegen es tun. Folgerichtig fällt auch im 15. Fall kein Wort zu viel. Wie in den kurzen, klärenden Telefonaten zwischen Tobler (Eva Löbau) und Berg (Hans-Jochen Wagner) zu Beginn. Da wissen beide noch nicht, dass sie sich in den nächsten 24 Stunden nicht mehr sprechen werden. Friedemann Berg gerät aus der Spur als sein psychisch kranker Bruder Reinhard („der Reini“) mit Begleitung auf dem elterlichen Familienhof auftaucht. Das Trio ist aus der geschlossenen Psychiatrie getürmt und augenscheinlich in den aktuellen Mordfall an einem Apotheker verwickelt. Anführer Luke (Karsten Antonio Mielke) setzt Berg auf dem Hof fest.

Auch im Setting vertraut Regisseur Thalheim auf die in „Goldbach“ etablierten Bilder – auf den nächtlichen Wald, den aufsteigenden Nebel, auf kleine, in Senken liegende Weiler. Zu leisen Orgelklängen steigen im Vorspann drei Gestalten zu den Lichtern eines Dorfes hinab. In der Kirche leuchtet warm das Licht. Ist das ein Heimat-, ein Heilversprechen? Vermutlich nicht. Der nächste Morgen stellt das Bild scharf. Verschlafen, verkatert, wie einer, dem gerade alles über den Kopf wächst, fällt Friedemann Berg aus der Tür. Der heruntergekommene Hof seiner Eltern ist viel zu groß für ihn. Freiburg-Fans wissen das spätestens seit dem vorletzten Fall („Letzte Ausfahrt Schauinsland“). Da ging Franziska Tobler ihrem zunehmend zauseligen Kollegen beim Dachdecken zur Hand. Eine mühsame Plackerei. Warum hängt Berg so am elterlichen Hof, wo er dort doch wie ein Unbehauster lebt? Am Ende wissen wir das. Zuvor wandelt sich der Hof zur Falle – ein Setting, das den aktuellen Fall über weite Strecken zum Kammerspiel macht.

Tatort – Der ReiniFoto: SWR / Benoît Linder
Oben: Reinhard „Reini“ Berg (Felician Hohnloser) ist gemeinsam mit Luke Badrow (Karsten Antonio Mielke) und Mika Novak (Mareike Beykirch) aus der geschlossenen Abteilung geflohen und sucht Zuflucht auf dem Hof der Familie Berg. Unten: Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) nur kurz vor Ort und die Neue, Micha Paulus (passt ins Team: Luise Aschenbrenner)

Während Wagner physisch präsent und nach außen agiert, gewinnt Löbaus Spiel, indem sie Emotionen nach innen abzuleiten scheint. Alle Aufregung, die der Fall (und ihr Vater) verursachen, münden in kleine mimische Regungen, in ein Blinzeln oder ein kurzes Ducken. Aber wegducken ist nicht. Entscheidungen macht Ermittlerin Tobler mit sich selbst ab. So kehrt sie frühzeitig aus der Fortbildung an den Konferenztisch zurück und bittet darum, auf den neuesten Stand gebracht zu werden. Sie ordnet ein, präferiert und überträgt ihrer neuen Kollegin die Leitung. In der Rolle des Kripo-Neulings Ella Pauls überzeugt Luise Aschenbrenner („Disko 76“). 2021 spielte sie im Dresdner „Tatort – Rettung so nah“ die Rettungssanitäterin Greta Blaschke. Als Kripo-Anwärterin mit vielen Fragen und innerer Stärke bereichert sie Freiburg um eine ambivalente Figur. Genau umgekehrt, deshalb nicht weniger beeindruckend, verhält es sich mit der Figur Luke Badrow: Keine Fragen, stierer Blick und die Stärke nur behauptend „markiert“ Karsten Antonio Mielke einen Kriminellen, der sich hinter der Maske eines psychisch Kranken verschanzt. So urteilt jedenfalls Direktor Spengler von der forensischen Psychiatrie. Wenn die Kamera den Soziopathen als Motor des verhängnisvollen Geschehens in den Blick nimmt, splittet sich das Bild in zwei Hälften. Die eine ist hell, die andere dunkel. In ihr steht Luke.

Das Duell zwischen Friedemann Berg und Luke Badrow lässt den beiden Mit-Flüchtigen aus der Psychiatrie wenig Raum. Sie wirken blass und zunehmend verzweifelt, sind Stichwortgeber im Plot, gewinnen aber nicht an Kontur. Auch wenn das zu den kleinen Schwächen des Falls gehört, spiegelt es doch genau das Ungleichgewicht zwischen dem labilen Reini und seinem Beschützer „Frieder“. Sie sind Wissende in einem Brüder-Drama, das jetzt auserzählt ist.

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1 Antwort

  1. Der Film hatte so viele Logikfehler. ‚Hof zur Falle‘? Ernsthaft? Der Kommissar hätte zu Beginn immer wieder überall raus flüchten können. Der Bösewicht verlässt sogar mehrfach das Gebäude und läuft weit weg ohne ihn zu fesseln oder ähnliches. Lächerlich. Eine ganz mies geschriebene Ausgabe.

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Reihe

SWR

Mit Eva Löbau, Hans-Jochen Wagner, Luise Aschenbrenner, Karsten Antonio Mielke, Felician Hohnloser, Mareike Beykirch, Michael Hanemann

Kamera: Andreas Schäfauer

Szenenbild: Söhnke Noé

Licht: Christoph Pusch

Schnitt: Sabine Engel-Garscha

Musik: UweBossenz, Anton Feist

Redaktion: Katharina Dufner (SWR)

Produktionsfirma: Südwestrundfunk

Produktion: Meike Bodanowski

Drehbuch: Bernd Lange

Regie: Robert Thalheim

EA: 16.11.2025 20:15 Uhr | ARD

weitere EA: 16.11.2025 20:15 Uhr | ARD-Mediathek

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