Am Nachmittag noch mit der Mistgabel im Kuhstall, am Abend dann auf dem glänzenden Tanzparkett. Evi Gruber, Mitte 30, genießt den Kontrast zwischen Landluft und Tango. Auch wenn ihre Sehnsüchte im gefühlvollsten aller Tänze aufgehen, so will sie doch eigentlich nichts anderes sein als Bäuerin. Wenn nur der Alltag etwas anders aussehen würde! Mit ihrem Mann Hans bewirtschaftet sie einen großen Hof. Doch der hat nur noch Milchpreise und die EU-Förderung im Kopf. Also nimmt sie sich – nachdem sie einen Tangokurs gewonnen hat – den nötigen Freiraum. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Dora flüchtet sie regelmäßig nach München, tauscht Kopftuch gegen Abendgarderobe. Und in der „Weltstadt mit Herz“ begegnet ihr Vortänzer Miguel, „ein wilder Stier“, der sich nach einem festen Zuhause sehnt.
Foto: ZDF / Christian Hartmann
„Tango zu dritt“ erzählt von der Schieflage einer Ehe. Evi und ihr Hans haben sich nicht mehr viel zu sagen. Freundin Dora ist noch unglücklicher in der Ehe mit Evis Bruder Robert. „Feste Bauchmuskeln sind gut für den Sex“, flunkert die Trainerin im Aerobic-Kurs. „Was war denn das gleich wieder?“, prustet Evi heraus. Dem Galgenhumor folgt das Abenteuer, das eher ein Hilferuf ist als ein ernsthafter Ausbruchsversuch. Doch Evis Mann versteht nichts. „Der schuftet nur, um den Hof zu erhalten, aber auch sie ist überarbeitet, der Alltag und der Stress nehmen überhand“, so Jürgen Tonkel, der sehr überzeugend ist als grantelnder Bauer. „Da wird es schwer, die Frau noch als Partnerin zu sehen.“ Aber die Heldin will sich nicht abfinden, sie will mehr sein als Arbeitskraft, sie will auch wieder als Frau geliebt werden.
Man sollte das Leben ein bisschen leichter nehmen, sich nicht zum Sklaven des Alltags machen, stattdessen auch die schönen Momente des Lebens nicht aus dem Blick verlieren. Diesen Rat geben die Drehbuchautorin Stefanie Sycholt und Regisseur Thomas Kronthaler ihren Figuren und auch dem Zuschauer mit auf den Weg. Solche einfachen Wahrheiten halten nicht selten auch Pilcher, Lindström & Co für uns parat, doch „Tango zu dritt“ unterscheidet sich schon sehr von jenen Schmonzetten, die dem Melodram die Beziehungsarbeit überlassen. In diesem zeitgemäßen Heimatfilm haben die Figuren bei aller komödienhafter Überzogenheit einen ernsthaften Kern, sie haben ein Problem miteinander, das nicht nur hausgemacht ist, sondern auch etwas mit ihrer Realität als Bauern zu tun hat.
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Aglaia Szyszkowitz, Jürgen Tonkel und auch Nina Proll sind bestens ausgewählt für ihre Rollen. Und die Hauptdarstellerin ist ähnlich „vielseitig“ wie ihre Figur: gerade den „Einsatz in Hamburg“ bravourös gelöst und schon – nicht minder glaubwürdig – mit Kühemelken zugange. „Das Melken war allerdings schon ein bisschen schwierig“, erinnert sich Szyszkowitz an den Dreh. „Ich habe relativ kleine Hände und man braucht viel Kraft, um die Melkmaschine anzuschließen.“ Der Schnitt musste über diese Schwächen hinweghelfen.
Nicht geschummelt wurde indes bei den Tanzszenen. Eine Tanzlehrerin habe Diego Wallraff und sie drei Wochen lang trainiert. „Ich tanze gern, aber Tango ist ein Härtetest“, so Szyszkowitz. Besonders der argentinische Tango werde unterschätzt. Für den Mann bedeutet der Tanz eine dauerhaft angespannte Körperhaltung, für die Frau Weichheit bis zur völligen Hingabe. „Das ist ein hocherotischer Tanz, vorausgesetzt man stolpert nicht über die Füße.“