Stubbe – Tod auf der Insel

Wolfgang Stumph, Trinker, Schmitz. Gelungenes, unaufgeregtes Familienkrimi-Drama

Foto: ZDF / Nicolas Maack
Foto Tilmann P. Gangloff

Knapp fünf Jahre nach dem Ende von „Stubbe – Von Fall zu Fall“ erfreut das ZDF die Freunde der Reihe mit einem Special. „Tod auf der Insel“ (Polyphon) ist jedoch kein typischer Krimi, sondern ein Beziehungsdrama mit Leiche: Stubbes Freundin Marlene hat ihn nach einer Auszeit auf eine Nordseeinsel bestellt, um dort die gemeinsame Zukunft zu klären. Der pensionierte Kommissar zieht es jedoch vor, die Inselpolizei bei der Aufklärung eines Mordes zu unterstützen. Der Film ist ein je nach Geschmack sympathisch altmodisch oder konventionell inszenierter Krimi, aber er verknüpft die Mördersuche geschickt mit der Beziehungsebene; und das Wiedersehen mit Stubbe ist ohnehin eine Freude.

Dieser Film ist wie das Wiedersehen mit einem alten Freund: Als wäre das letzte Treffen erst kürzlich gewesen, stellt sich sofort die gewohnte Vertrautheit ein. Das Comeback für Stubbe, der nach fünfzig Filmen und fast zwanzig Sendejahren im Januar 2014 in Pension gegangen ist, beginnt mit einer Herzoperation. Aus dem Off fasst der frühere Hamburger Hauptkommissar (Wolfgang Stumph) die letzten fünf Jahre zusammen: Freundin Marlene (Heike Trinker) ist erfolgreich beim LKA Dresden, er ist erfolglos im Ruhestand. Die eigentliche Handlung setzt drei Monate später ein: Das Paar trifft sich auf einer Nordseeinsel. Marlene hat die Beziehung, wie sich rausstellt, schon vor geraumer Zeit auf Eis gelegt; zu einem Neuanfang ist sie nur bereit, wenn Stubbe sein Leben ändert. Der hat aber keine Lust auf Paartherapie und will schon wieder abreisen, als sie eine Leiche im Wasser entdeckt. Das weckt natürlich die berufliche Neugier, und zumindest bei der Arbeit stimmt die Chemie.

Stubbe – Tod auf der InselFoto: ZDF / Nicolas Maack
Wiedersehen auf einer Nordseeinsel. Freundin Marlene (Heike Trinker) ist erfolgreich beim LKA Dresden, Stubbe (Wolfgang Stumph) hingegen ist erfolglos im Ruhestand.

Der Film ist ein je nach Geschmack sympathisch altmodisch oder konventionell inszenierter Krimi, aber er verknüpft die Mördersuche geschickt mit der Beziehungsebene. Das Drehbuchduo Scarlett Kleint und Michael Vershinin, hier durch Alfred Roesler-Kleint verstärkt, hat schon einige Dutzend Male zusammengearbeitet, bei „Stubbe“ allerdings nur einmal; von Vershinin gibt es dagegen diverse Geschichten über den Sachsen in Hamburg (damals noch unter dem Namen Michael Illner). Die familiäre Ebene mit Tochter Christiane und Schwiegertante Charlotte hatte stets die gleiche Bedeutung wie die jeweilige Mördersuche, insofern fügt sich „Tod auf der Insel“ in die Tradition; selbst wenn „Chrissy“ diesmal nur als Fotografie präsent ist. Produzent Christoph Bicker bezeichnet den Film als „Beziehungsdrama mit Leiche“, und das trifft es recht gut: Marlene will ihren alten Stubbe zurück, aber den gibt es nicht mehr; erst recht seit der Herz-OP, von der sie gar nichts weiß.

Oliver Schmitz hat zuletzt für Sat 1 mit „Amokspiel“ zwar einen Thriller gedreht, steht aber nicht zuletzt dank der „Allein unter…“-Reihe mit Hannes Jaenicke (ebenfalls Sat 1) vor allem für Komödien. Heitere Momente sind diesmal jedoch eine echte Rarität, Nervenkitzel allerdings auch; der Regisseur lenkt den Film souverän wie ein Schiff an allen Aufregungen vorbei durch ruhiges Fahrwasser. Das entspricht dem klassischen „Stubbe“-Stil: „Von Fall zu Fall“ hat sich stets als Familien-TV verstanden, und daran knüpft auch dieses sehenswerte „Special“ an, zumal das Autorentrio die beiden Hauptfiguren mit interessanten Charakteren umgibt. Das vielköpfige weitere Ensemble besteht nicht bloß aus Verdächtigen, sondern aus Menschen mit jeweils eigener Geschichte, etwa die ältere Frau (Ramona Kunze-Libnow), die am Strand eine Bauwagensauna betreibt, oder die redselige Tochter (Sinje Irslinger) des Hotelbesitzers, die indirekt zur Lösung des Falls beiträgt. Mit ihrer Hilfe kann Stubbe seiner Marlene auch einen vor Jahren verlorenen Ohrring zurückgeben. Details dieser Art, die nur am Rande mit der eigentlichen Geschichte zu tun haben, gibt es einige. Dazu gehören auch die im Wind quietschende Friedhofstür oder ein Spielzeugbagger, den Stubbe am Strand findet, als er mit einem Metalldetektor nach einer Patronenhülse sucht. Der Witz entsteht durch einen Schnitt: Ganz in der Nähe der steht gleiche Bagger, allerdings in groß. Schönste Nebensache ist ein Papierpenis, den Stubbe vor der Hotelzimmertür des arroganten Kommissars vom Festland deponiert; der Mann hatte ihm als Hobby für den Ruhestand Origami empfohlen.

Stubbe – Tod auf der InselFoto: ZDF / Nicolas Maack
Auf ein Glas mit Stubbe (Wolfgang Stumph) und Marlene (Heike Trinker). Zwei etwas ausgedachte Figuren: die Ritters (Nina Petri & Jörg Pose)

Aus dem rundum plausiblen Rahmen fallen allein die überdies viel zu langen Szenen mit dem Ehepaar Ritter (Nina Petri, Jörg Pose). Die beiden wirken derart ausgedacht, dass sie im Vergleich zu den realitätsnahen sonstigen Figuren fast grotesk anmuten. Die ermordete Petra hatte den beiden ihr Haus verkauft, aber dann gab es Streit wegen diverser Mängel, und Herr Ritter hatte nichts Besseres zu tun, als seiner Frau zu erzählen, er sei der Mörder. Viel interessanter ist Inselpolizistin Jördis (Caroline Hanke), denn die war einst die beste Freundin der toten Petra; bis die ihr den Mann wegschnappte. Als Stubbe nebenbei einen Fall von Ankerklau klärt, freundet er sich mit Jördis’ Kollegen (Knud Riepen) an und erfährt auf diese Weise allerlei über den Fall, die Menschen auf der Insel und die Beziehung des Polizisten zu Jördis, die es allerdings vorzieht, ihren Exfreund, den vorübergehend verdächtigen Witwer (Raiko Küster), zu trösten. Endgültig komplex wird die Geschichte, als ein früherer Todesfall ins Spiel kommt: Vor drei Jahren ist Petras kleiner Sohn am Strand ums Leben gekommen; die Mutter ist in Sichtweite des Kreuzes, das an das Unglück erinnert, erschossen worden.

Der Titel des „Specials“, dem gern noch weitere folgen dürfen, ist natürlich nicht sonderlich einfallsreich und könnte auch als Sammelbezeichnung für die vielen Nord- und Ostseekrimis dienen, die ARD und ZDF seit einigen Jahren zeigen. Anders als beispielsweise „Nord Nord Mord“ (Sylt) spielt „Tod auf der Insel“ nicht auf einem konkreten Eiland; gedreht wurde größtenteils auf Amrum. Bei der Bildgestaltung (Leah Striker) gibt es allerdings deutliche Parallelen. Die frühwinterlichen Aufnahmen sind betont unwirtlich und lassen die durch den permanenten Wind verstärkte lausige Kälte beinahe körperlich spürbar werden. Trotzdem haben sie einen eigenen Reiz, weil sie eine ganz spezielle Atmosphäre vermitteln. Selbst vermeintliche Schmuckbilder haben ihre Bedeutung. Das gilt vor allem für die Bank unterm Leuchtturm, auf der Marlene und Stubbe ihre Beziehungsgespräche führen. Ähnlich bedeutsam ist die Musik von Mario Lauer, die die Stimmungen nicht vorgibt, sondern aufnimmt. Eigentlich schade, dass es im ZDF mit „Wilsberg“ schon eine Samstagsreihe über einen nicht mehr ganz jungen Privatdetektiv gibt, aber vielleicht lassen sich ja andere Wege finden, Wilfried Stubbe in Zukunft wenigstens einmal pro Jahr ermitteln zu lassen. Die Kombination Heike Trinker und Wolfgang Stumph, der hier auch als Koproduzent mitgewirkt hat, funktioniert jedenfalls nach wie vor prima. Stumph und das ZDF, heißt es, seien wegen weiterer „Stubbe“-Specials im Gespräch. (Text-Stand: 20.11.2018)

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Reihe

ZDF

Mit Wolfgang Stumph, Heike Trinker, Knud Riepen, Caroline Hanke, Ramona Kunze-Libnow, Jonas Hartmann, Raiko Küster, Nina Petri, Jörg Pose, Sinje Irslinger, Cornelia Dörr

Kamera: Leah Striker

Szenenbild: Jenny Roesler

Kostüm: Antje Gebauer

Schnitt: Achim Seidel

Musik: Mario Lauer

Redaktion: Pit Rampelt

Produktionsfirma: Polyphon

Produktion: Christoph Bicker

Drehbuch: Scarlett Kleint, Alfred Roesler-Kleint, Michael Vershinin

Regie: Oliver Schmitz

Quote: 6,81 Mio. Zuschauer (21,7% MA); Wh. (2023): 3,19 Mio. (13,4% MA)

EA: 22.12.2018 20:15 Uhr | ZDF

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