„Wenn man etwas erwachsener wird, ist der Humor ein sehr gutes Mittel, um Wahrheiten zu erzählen“, sagt Xaver Schwarzenberger („Der Rausschmeißer“). Der langjährige Kameramann von Fassbinder, der seitüber 20 Jahren selbst inszeniert, ist mittlerweile 53 Jahre alt. Nach Gast-Spielen bei Otto und Loriot alt genug für „erwachsene Komödien“. Die macht er seit zehn Jahren vorzugsweise gemeinsam mit seiner Frau Ulli Schwarzenberger. Sie schreibt die Bücher, er führt Regie und steht hinter der Kamera. Ob „Lamorte“, „Lovers“ oder zuletzt die höchst authentische Weihnachtskomödie „Single Bells“ – es zeigte sich: ein ideales Gespann.
Beim neuesten Schwarzenberger & Schwarzenberger, „Stella di Mare – Hilfe, wir erben ein Schiff!“, verschlägt es eine problembelastete österreichische Familie nach Italien ans Meer. Weil die Frau Kammersängerin in einer Fernseh-Live-Sendung aus ihren Nähten platzt, ist die Schneiderin Nina Prantner ihren Job los. Im Tonstudio ihres Mannes drückt sie auch noch „ein blödes Knopferl“, das Computer-Programm stürzt ab – und weg ist Friedrich Prantners zahlungskräftigster Kunde. Die Nerven liegen blank, von Scheidung ist die Rede. Da kommt die Rettung! Mama hat geerbt: eine italienische Yacht. Doch die ist ein klappriger Kahn.
Als ob deren Alltag mit dem des guten alten HB-Männchens in Konkurrenz treten wolle – so brechen die Katastrophen über die Prantners herein. Auch die Schwarzenbergers hatten mal ein Schiff … „Auf einen winzigen Raum zurückgeworfen ist da auf einmal alles ganz anders“, schmunzelt Ulli Schwarzenberger. „Der Umgang miteinander wird rauher, irre Situationen entstehen.“ Und das zeigt dann auch der Film: Da sitzt man auf einer Sandbank fest, hat mal wieder zu tanken vergessen oder man hat diverse Probleme mit der Lenkung. Wenn aber dazu noch das „Häuserl verstopft“ ist, dann hängt der Kahn-Segen so richtig schief. „Ich wühl’ hier in der Scheiße, und sie rasiert sich die Beine!“, tobt Erwin Steinhauers „Papa“.
Foto: ORF / Petro Domenigg
Kritik im Vorbericht: Stella di Mare – Hilfe, wir erben ein Schiff!
Mit Familienkomödien tut man sich hierzulande schwer seit der Zeit, wo alles hip und chic sein soll. In Österreich hechelt man nicht jedem Trend hinterher, und man hat mit den Schwarzenbergers zudem ein ideales Paar, das dem Alltag zwischen Beruf und Haushalt, zwischen Schule und Urlaub Komisches abgewinnen kann. „Stella di Mare“ trifft eine Tonlage in der Nähe von Wedels „Die-Semmelings“-Mehrteilern. Familie ist hier gleichbedeutend mit der ununterbrochenen Abfolge von Katastrophen. Im gemeinsamen Urlaub kann das Chaos besonders authentisch ausbrechen… Mindestens ebenso komisch aber sind die kleinen Dinge, die typische Streit-Dramaturgie, die mehr oder weniger unterschwelligen Vorwürfe, die patzigen Retourkutschen made in Austria, die fürs deutsche Ohr noch zunehmend an Reiz gewinnen: „Gosch’n holt’n“ oder „meinetwegen kann er sich schleichen“ – das klingt einfach charmanter und ist komödientauglicher als „Halt’s Maul“ oder „Hau ab“. Aber auch die längeren Sprüche haben Klasse. Beispiel: „Die Tasche einer Frau, der Magen einer Sau, der Inhalt einer Wurscht bleibt ewig unerforscht!“
„Wie die Familienmitglieder miteinander umgehen, die kleinen Spitzen“, das interessiert Ulli Schwarzenberger bei ihren Geschichten am meisten. „Ich würde am liebsten nur gute Dialoge schreiben. Die Handlung ergibt sich dann von selbst.“ Ob ihre Figuren nun im Lotto gewinnen, ein Schiff erben oder einfach nur Weihnachten feiern wollen – die Ausgangssituationen ihrer Geschichten seien mehr oder weniger beliebige Älltagssituationen. Am meisten freut sie sich, wenn Zuschauer sagen: „So ist es wirklich“. Wie zuletzt bei „Single Bells“. Freunde hätten sie gefragt: „Seit wann kennst Du meine Schwiegermutter?!“
Für Xaver Schwarzenberger, einem visuellen Urtalent, was er zuletzt mit dem Grimme-Preis-gekrönten „Krambambuli“ wieder einmal nachdrücklich beweisen konnte, bieten die Familienfilme seiner Frau nur wenig Möglichkeiten zu großen Bildern. „Bei einem dialoglastigen Komödienstoff muss ich mich ganz auf den Schauspieler konzentrieren“, betont Schwarzenberger. „Die Fotografie ist eine rein funktionelle Angelegenheit, die Pointen, die Blicke müssen sitzen.“ Doch er ist nicht traurig darüber. Als Kameramann solle man sowieso keinen Überehrgeiz entwickeln, findet er. „Um ehrlich zu sein, die Filmfotografie wird heute ohnehin kaum mehr wahrgenommen.“ (Text-Stand: 13.10.1999)