Mörderjagd in der Steiermark: Die Zuschauer lieben diese Verbindung aus reizvoller, an den Urlaub erinnernder Landschaft und österreichischem Schmäh. Fünfeinhalb Millionen sahen den letzten „Steirer“-Krimi, die ARD-Reihe kann mit den ZDF-Samstagskrimis mithalten. Jetzt folgt der siebte Streich der tapferen Ösi-Cops. Und der ist in der so gar nicht heilen Welt der Volksmusik angesiedelt. Trallala vor Bergkulisse – da wird es an der einen oder anderen Stelle auch mal bitterböse, aber immer mit Augenzwinkern. Die Kombination ist nicht neu, erinnert an den BR-„Tatort: Und die Musi spielt dazu“. Doch der ist viele Jahre her und Bergmann & Sulmtaler haben ihre ganz eigene, höchst unterhaltsame Art, mit dem Singsang der simplen Botschaften umzugehen. Die Volksmusik-Szene ist ein ergiebiges Feld für Autoren, aber auch ein gefährliches, denn überall lauern Klischees. Maria und Wolfgang Murnberger sind erfahren genug, um das zu meistern. Sie haben gemeinsam die meisten „Steirer“-Krimis nach Romanen von Claudia Rossbacher geschrieben, geben den Bestsellervorlagen aber stets eine eigene, unverwechselbare Note. So auch bei „Steirerstern“.
Foto: Degeto / Stefan Haring
Jana Skoff (Emily Cox) ist ein Star der Szene. Mit Bruder Dominik (Daniel Langbein) und ihrem Noch-Ehemann Hubert (Stefan Gorski) bildet sie das Trio „Jana und die Lausbuam“. Beruflich läuft es für die strahlende Sängerin. Und auch privat hat sie mit Alex (Anna Friedberg) ein neues Glück gefunden. Mit der Sängerin einer Indie-Band will sie ein neues Leben beginnen. Doch dann ist Alex tot, erstickt im Badehaus, in dem sie geschlafen hat. Kommissar Sascha Bergmann (Hary Prinz) und Kollegin Anni (Anna Unterberger) tauchen ein in die Welt der Volksmusik. Kollege Bernd Kofler (Christoph Kohlbacher) von der Spusi findet heraus, dass jemand heimtückisch den Abzug des Ofens im Badehaus verstopft hat! Anni hatte keine Chance, schlief sich quasi in den Tod. Tatverdächtige gibt es zuhauf: Alex´ eifersüchtige, drogenabhängige Exfreundin und Bandkollegin Luca (Silvana Veit); die beiden „Lausbuam“ Dominik und Hubert, die ohne Jana ihre Karriere wohl vergessen könnten; Janas zwielichtiger Manager Jack Riedl (Sascha Gersak); ihre konservativen Eltern (Ferry Öllinger, Ursula Ofner), die durch die gleichgeschlechtliche Beziehung ihrer Tochter um den guten Ruf und das noch bessere Geschäft der Familie mit der singenden Jana fürchteten. Und dann ist da noch der schmierige und aufdringliche Edelfan und Fotograf Fredi (Michael Fuith), der von Jana erwartet, dass sie sein Engagement als Fankluborganisator durch etwas mehr Nähe honoriert. Bergmann und Anni versuchen im Dickicht der volkstümlichen Verlogenheit, dem Täter auf die Spur zu kommen und ihn „auszuräuchern“. Auch LKA-Chefin Nicole Sturm (Bettina Mittendorfer), Saschas Ex und großer „Jana und die Lausbuam“-Fan, mischt vor Ort mit. Schließlich heißt es: „The show must go on“, und Jana gibt ein gefeiertes Konzert.
Emily Cox ist eine exzellente Besetzung als Volksmusikstar Jana. Sie bleibt mit der Figur nicht an der Oberfläche, gibt ihr Tiefe, zeigt eine nachdenkliche, reflektierende und dennoch vor der Kamera und den Fans funktionierende Künstlerin, die vor einer Wende in ihrem Leben steht. Cox spielt das sehr glaubwürdig und nuanciert, überdreht die Figur nicht. Neben ihr ist ein Gesicht zu sehen, das man aus einem anderen Bereich kennt: Songwriterin und Sängerin Anna F., einst von Lenny Kravitz entdeckt und mit ihrer Band „Friedberg“ vielen bekannt, mimt die vielbegehrte Gründerin einer Indie-Band, die Janas Herz erobert und ihr den Kopf verdreht. Cox und Anna F. kennen sich bestens, „wir sind beide beim Spielen sehr offen, lassen Dinge passieren und lassen somit auch immer etwas Raum für Improvisation – das macht total Spaß.“ Apropos: Spaß hatte sichtlich auch Sascha Gersak („Die Toten von Marnow“), der den abgezockten Musikproduzenten Jack Riedl spielt, der seine Künstler bedingungslos zum Erfolg treibt und dem die Profitgier förmlich ins Gesicht geschrieben ist.
Foto: Degeto / Stefan Haring
Ein kluger Kniff der Autoren ist es, gerade in der volkstümlichen Szene, die eher geprägt ist von einem konservativen Weltbild und einem rückwärtsgewandten Frauenbild, die Liebe zwischen zwei Frauen zu schildern. So gelingt es, die Verlogenheit dieses Heile-Welt-Kosmos zu entlarven. Die Szenen, wenn Jana und die Lausbuam für den Videodreh auf einer Matte durchs satte Grün gezogen werden oder im Kuhstadel vor eher gesetzt-biederen Fans ihren Auftritt haben, hat Regisseur Wolfgang Murnberger mit viel Gespür und behutsam inszeniert. Sich lustig machen ist nicht sein Ding. Lieber spielt er mit Kontrasten einer inszenierten heilen Welt und dem Bröckeln der Fassade, wenn es um Erfolg, Einfluss und Geld geht, oder eben um eine Liebe, die nicht sein darf. So bietet „Steirerstern“ Spannung, Tiefgang und Humor.
Für Hary Prinz und Anna Unterberger ist es der dritte Krimi der Reihe, in dem sie gemeinsam als Steirer-Cops ermitteln. Anni und Bergmann sind sehr verschieden, doch sie ergänzen sich bestens. Die Chemie stimmt. Hier Anni, offen, unbekümmert, mutig, schlagfertig. Da Sascha, der Pragmatiker, der Zyniker, der Macho, der Mann, der trockenen Humor hat, aber auch mal einen Spruch raushaut, der eher übergriffig denn political correct ist. Aber auch einer, der sanft sein kann, ein feines Gespür für Menschen hat und sich für seine junge Kollegin verantwortlich fühlt. Und das darf er weiter, denn die „Steirer“-Krimireihe wird fortgesetzt.