Nun, richtig spooky geht es nicht zu in „Steirerrausch“. Der neue „Landkrimi“ aus Österreich spielt an Halloween in der Steiermark, Jugendliche probieren okkulte Rituale aus. Im Mittelpunkt stehen aber eine Frau mit übersinnlichen Kräften und ein verwirrt-verirrt wirkender Arzt namens Dr. Stelzhammer (Eis Gulp), der besessen davon ist, Medium Vera (Adele Neuhauser) „heilen“ zu müssen. „So was wie dich kenn ich ganz genau, vor allem, was dahinter steckt, du wirst meiner Heilung nicht entgehen, du arbeitest hier mit Kräften, die du nicht beherrscht, und das weißt du auch“, droht er der Geistheilerin. Kurz darauf sitzt Vera mit einer Ratsuchenden Klientin bei einer abendlichen Sitzung am Tisch, ein Maskenmann setzt in einem kleinen Wald gegenüber dem Haus ein Gewehr an, dann fallen Schüsse. Doch nicht Vera wird tödlich getroffen, sondern Winzerin Sabine (Kristina Bangert), die ihr gegenüber saß. Schon sind LKA-Kommissar Sascha Bergmann (Hary Prinz) und seine neue Kollegin Anni Sulmtaler (Anna Unterberger) unterwegs zum Tatort, um den Fall aufzuklären. Dabei wollte sie eigentlich gerade zum Klassentreffen. Als Anni zu Sascha ins Auto steigt, sagt sie: „Ich muss mich noch umziehen“. „Bist eh fesch“, entgegnet er, doch als sie ihn anschaut, staunt er nicht schlecht: eine Gesichtshälfte ist im Grusellook geschminkt. Es ist Halloween.
Am Tatort will Sascha Bergmann das Medium Vera nicht so recht ernst nehmen. Als sie von dem hilfsbereiten Kontrollgeist namens Kornelius spricht, kündigt er an, den befragen zu wollen: „Geister haben eher gleitende Arbeitszeiten, nach Mitternacht wahrscheinlich“. Unter Tatverdacht gerät Sabines Ehemann Pepi (Christoph Krutzler), der nicht nur ein erfahrener Schütze ist, sondern auch sein Jagdgewehr vermisst. Und auch Exorzist Dr. Stelzhammer hätte ein Motiv, nämlich dann, wenn der tödliche Schuss nicht Sabine, sondern eigentlich Vera galt. An den Tathergang kann sich Vera nicht erinnern, sie war in Ohnmacht gefallen und ihr Lebensgefährte Richie (Dominik Maringer) im Nebenzimmer. Und was ist mit dem Geist Kornelius? Der warnt sein Medium dringlich vor einer Gefahr. Als Bergmann und Anni die Wahrheit herausfinden, kommen sie fast zu spät …
Foto: Degeto, ORF / Stefan Haring
Geisterbeschwörung light. Der sechste Film der „Steierer“-Krimireihe basiert wieder auf einem Buch von Claudia Rossacher. Doch die Story ist ziemlich weit weg von der Vorlage. Liegt wohl auch daran, dass nicht mehr Sandra Mohr in dem Fall ermittelt. Miriam Stein ist mit ihrem Filmtod in „Steirertod“ aus der Reihe ausgeschieden. So haben Maria und Wolfgang Murnberger jetzt Anni Sulmtaler an der Seite von Chefermittler Sascha Bergmann. Die hatte keinen leichten Einstieg. Bereits in „Steirertod“ durfte sie ran, traf auf einen ob des Todes seiner Kollegin Sandra geschockten, knurrigen und eher distanzierten Kollegen. In „Steirerrausch“ haben die beiden ihre anfänglichen Schwierigkeiten schnell überwunden und ziehen an einem Strang. Sie sind zwar sehr unterschiedlich, dennoch gibt es einiges, das sie verbinden. Sie haben beide Humor, vertrauen bei Ermittlungen eher auf ihr Bauchgefühl und haben in ihrer Vergangenheit ähnliche Erfahrungen gemacht. Beide haben eine Scheidung hinter sich, sind an der Idee, eine Familie zu gründen gescheitert, aber auch daran gewachsen. Das Duo funktioniert. Was man von der Geschichte allerdings nicht sagen kann.
Klar, ein wenig Grusel geht im Krimi immer. Doch hier verheben sich die Murnbergers gehörig. Skurrile Figuren haben sie entworfen: das über-sinnliche Medium, den religiösen Geisterjäger, den jagenden Witwer. Doch das allein genügt nicht. Die Nebengeschichte der Jugendlichen, die eine zurückliegende Unfallstory mit Todesfolge aufarbeiten müssen, will nicht so recht zum Hauptplot passen. Der Schmäh von Sascha Bergmann und die zupackende Art seiner neuen Kollegin ergänzen sich zwar gut, doch der Fall kommt allzu verquast daher und erhält eine wenig originelle Auflösung. Miniaturszenen wie Saschas Scherbentritt mit folgendem Hilfesuchen bei Anni in ihrem Zimmer – davon hätte man sich mehr gewünscht. Wenn der Macho-Bulle beginnt, sie anzuflirten und sie ihm die Grenzen aufzeigt, dann funktioniert der feine Humor. Doch die Medium-Geschichte schleppt sich holprig erzählt dahin – wie man es von den Murnbergers nur selten sieht. Saschas Kampf mit seiner Ex und neuen Vorgesetzten aus „Steirertod“ wird hier nur am Rande weitergedreht. Wenn sie am Tatort auftaucht und Weisungen erteilt, er das als Gardinenpredigt bezeichnet, kontert sie: „Gardinenpredigten werden in Ehebetten gehalten, aber dahin hast du dich nicht getraut.“
Was übrig bleibt sind die Schauspieler: Anna Unterberger (spielte eindrucksvoll in „Gundermann“ die Frau des Titelhelden), die Südtirolerin, ist schnell angekommen in ihrer Rolle als steirische Kommissarin. Krimierfahrung bringt sie reichlich mit, spielte in vier Folgen der Reihe „Die Toten von Salzburg“, in „München Mord“, „SOKO Leipzig“ oder „Sarah Kohr“. Die Anni ist Unterbergers erste Rolle als Kommissarin. Und dann ist da Adele Neuhauser. Statt kultiger „Tatort“-Kommissarin Bibi Fellner“ darf sie hier die Seiten wechseln und das professionelle Medium samt unsichtbarem Kontrollgeist Kornelius geben. Eine Rolle, die sie sichtlich gereizt hat und die sie mit gebotener übersinnlicher Abgehobenheit spielt. „Ich bin sehr empfänglich für Spiritualität. Es ist für mich wie eine Mischung zwischen Ungläubigkeit und einem wohligen Schauer“, sagt die Schauspielerin. Und dennoch freut man sich nach diesem eher müden „Steirer“-Krimi auf ihren nächsten Einsatz im „Tatort“.
Foto: Degeto, ORF / Stefan Haring