„Warum musst du jedem mit dem Arsch ins Gesicht fahren“, schreit Lukas (Christopher Schärf) seinen Vater Karl an und brettert mit den Skiern in die Nacht. Der folgt ihm. Tags darauf ist er verschwunden. Und das kurz vor dem Nightrace-Skirennen in Schladming. Karl Wintersperger (Rainer Wöss) ist der Cheftrainer des österreichischen Herrenski-Teams, Sohn Lukas und Ziehsohn Mario (Ferdinand Seebacher) sind Top-Rennläufer und Sieg-Anwärter. Ein Fall für Sascha Bergmann (Hary Prinz) und Sandra Mohr (Miriam Stein) vom LKA, die in das Skiparadies beordert werden. Der lokale Postenkommandant Völk (Johannes Zeiler) verrät ihnen, dass Wintersperger nicht sonderlich beliebt war. Keiner trauert ihm nach – weder sein Nachfolger Norbert Bachler (Marcus Mittermeier), mit dem er im Clinch lag noch sein Bruder Franz (David Rott) und dessen Frau Astrid (Martina Zinner), die ihm viel Geld schulden. Und auch die Söhne litten unter dem erfolgsbesessenen, herrischen Vater. Lukas hatte er die neue Freundin (Liliane Zillner), ein Nachtclubgirl, verboten und Mario jeden Kontakt zu einem neuen Sponsor. Bald schon wird Winterspergers Leiche durch Zufall im Schnee gefunden. Sein kleiner Neffe (Jeremy Miliker) bringt die Ermittler schließlich auf die Spur des Täters.
Eine Leiche, eine Handvoll Mordmotive, mal steht der eine, mal der andere Verdächtige im Fokus, typische Ermittlungsarbeit, dann eine überraschende Schlusswendung und ein Täter, den die meisten sicher nicht auf der Rechnung hatten. Ein eher klassischer, konventioneller Kriminalfall, der auch in die „SOKO“-Reihe oder die „Rosenheim-Cops“ passen würde. Was dem Krimi aber auszeichnet, sind der Dialogwitz, die kleinen Sticheleien unter den Kommissaren und die privaten Begleitgeschichten der beiden. Schon der erste Auftritt verdeutlicht, wie humorig die Autoren Maria und Wolfgang Murnberger, die die Romanvorlage von Claudia Rossbacher in ein Drehbuch gegossen haben, das „Steirerkind“ anlegen. Sandra rüstet sich für die Ermittlungen im Schnee, Sascha reichen Mantel und Halbschuhe. „Du weißt schon, dass wir in die Berge fahren“, stichelt sie. Kaum angekommen, wartet das Schneetaxi schon, um die beiden auf die Berghütte zu bringen. „Wollen sie sich noch umziehen?“, fragt der Postenkommandant. Darauf Sascha: „Wieso, herrscht da oben Krawattenpflicht“. Und auch in puncto Bekanntheitsgrad des abgängigen Skitrainers zeigt er sich ahnungslos. „Der Mann ist eine Legende, wo lebst du?“, spottet Sandra. Und er kontert: „Ich bin ein Fußballer, ich kann dir die letzten zehn Trainer von Rapid aufzählen“. Die Pointen fließen ineinander, das Tempo stimmt. Das ist gut so, denn die eigentliche Geschichte des dominanten Vaters und Supertrainers läuft relativ geradlinig & vorhersehbar auf das Finale zu, das, dem Ort und Anlass geschuldet, während des Weltcup-Rennens in Schladming stattfindet. Das hat dann durchaus einen Hauch von Touristik-Werbefilm im Ösi-Skiparadies. Der Showdown wurde beim Nightrace 2017 vor mehr als 40.000 Zuschauern gedreht.
Überaus gelungen sind die beiden persönlichen Geschichten der Ermittler, die gewitzt miteinander verwoben sind. In einer Parallelmontage inszeniert Murnberger beider Erlebnisse einer Nacht, die für den weiteren Verlauf reichlich Stoff bieten: Sascha treibt sich im Nachtclub umher, lässt im Separee die Stripperin für sich tanzen, um am nächsten Tag bei der Befragung von Lukas’ Freundin zur Überraschung beider eben dieser ins Gesicht sehen zu müssen und schnell Reißaus zu nehmen. Parallel dazu hat auch Sandra ihr erotisches Erlebnis. Sie landet ausgerechnet mit Saschas Sohn, der in Schladming weilt und heimlich mit einem Freund eine Umweltaktion gegen Naturzerstörung während des Rennens plant, nach einem feuchtfröhlichen Abend im Bett. Da weiß sie noch nicht, wer der junge Mann ist. Als sie ihm tags darauf im Beisein seines Vaters begegnet, hat auch sie ihre Ertappt-Situation. Und die spielt Murnberger genüßlich aus. Nimmt man die musikalische Begleitung hinzu, die an die eine oder andere bayerische Komödie von Marcus H. Rosenmüller oder Ed Herzog erinnert, dann ist „Steirerkind“ ein Krimi mit Schwung und Leichtigkeit, der trotz der Mundart auch in nördlicheren Gefilden Deutschlands gut verständlich sein dürfte.
Es ist der zweite Film der Alpenkrimireihe. Ein dritter ist bereits abgedreht und so kann man sich darauf freuen, wie es mit diesem ungleichen Ermittler-Duo weiter geht. Auch wenn die Rollen klar definiert sind – hier der Macho alter Schule, da die karrierebeflissene Polizistin – beruflich und menschlich sind sie gar nicht weit voneinander entfernt. Und es macht Spaß zuzusehen, wie sie sich annähern und beeindruckt sind vom jeweils anderen: Er von ihrer Intelligenz und Direktheit, sie von seiner Gelassenheit und seinem trockenen Humor. Diese Konstellation hat – und das ist angesichts der Krimi- und Ermittlerflut nicht leicht – etwas, was es so nicht oft zu sehen gibt. Und so geht die Jagd nach Pointen & Sticheleien weiter.