Steirergeld

Prinz, Unterberger, Mittendorfer, Deutschmann, Murnberger. Ösi-Reihe hält das Niveau

28.01.2025 22:00 BR
Foto: Degeto / Stefan Haring
Foto Volker Bergmeister

Wie der Titel „Steirergeld“ (Allegro Film) vorgibt, so dreht sich im achten Krimi der ORF/ARD-Reihe alles um das, was man Zaster, Kohle, Knete, Kies, Pulver, Piepen, Mäuse oder sonst wie nennt: Ein Banker hat per Schneeballsystem den Sparern in einem kleinen österreichischen Kaff hohe Zinsen versprochen, mit dem Geld sich als Wohltäter und Gönner im Ort aufgespielt. Die Sache flog auf, jetzt ist der Banker tot. Und das Steirer Duo Sascha Bergmann und Anni Sulmtaler sucht nach dem Mörder. Verdächtige gibt es fast so viele wie der Ort Einwohner hat. Wolfgang Murnberger und seine Co-Autorin Maria Murnberger haben dieses Mal aus den Erfolgsbüchern von Claudia Rossbacher nur Figuren verwendet, erzählen eine eigene Geschichte. Die bietet Spannung, Witz und seltsame Geldkreisläufe.

Im ansonsten beschaulichen Murbruck herrscht helle Aufregung: Draußen fordern verzweifelte Kunden ihr Geld zurück, drinnen unterschreibt Rudi Stiegler (Gottfried Breitfuß) in Anwesenheit der Bankenaufsicht, dass er die Verantwortung für die Pleite seiner Privatbank übernimmt und für den entstandenen Schaden aufkommen wird. Abends sitzt der bis dato beliebte Provinz-Banker in seiner Villa, als zwei Maskierte in das Haus eindringen, ihn fesseln und den Schlüssel für den Tresor fordern. Stiegler bricht zusammen, die Räuber fliehen, seine heimkommende Frau (Fanny Stavjanik) findet ihn. Jede Hilfe kommt zu spät. Todesursache war wohl ein durch die Einbrecher ausgelöster Herzinfarkt. Ein Fall für LKA-Ermittler Sascha Bergmann (Hary Prinz) und Anni Sulmtaler (Anna Unterberger). Für Sascha ist klar: „Da wird wohl jemandem die Einlagensicherung zu wenig gewesen sein.“ Und die Kollegin wird hellhörig, als eine Polizistin berichtet, dass es zwei Notrufe innerhalb von zehn Minuten gab und der zweite von Stieglers Frau kam. Die Kommissare mieten sich im einem Hotel ein und legen los. Der Kreis der Verdächtigen ist groß, als Täter kommt jeder infrage, der jetzt ohne Geld dasteht – und damit vom Handwerker Möttl bis zur Bürgermeisterin fast ganz Murbruck. Auch der Wiener Finanzprüfer Markus Tauber (Michael Menzel) ist verdächtig, hat er doch jahrelang das Schneeballsystem übersehen, durch das Stiegler seinen Kunden ungewöhnlich hohe Zinsen anbieten konnte. Sascha bittet Anni, sich intensiver um Tauber zu kümmern, quasi als verdeckte Ermittlerin. Als der mit ihr flirtet und sich eine Liaison anbahnt, will Sascha sie zurückpfeifen… zu spät? Auch der örtliche Eishockeyverein, den Stiegler mit Spenden und Schwarzgeld unterstützt hat, gerät in den Fokus der Ermittlungen, unter anderen Trainer Walter Aflenzer (Heikko Deutschmann). Dann geschieht ein zweiter Mord…

SteirergeldFoto: Degeto / Stefan Haring
Am Tatort. Der Mord an einem Provinz-Banker beschert Bergmann (Hary Prinz) & Anni (Anna Unterberger) zahlreiche Verdächtige. Polizistin Renner (Eva Mayer)

Mal greifen Wolfgang Murnberger („Kästner und der kleine Dienstag“; Brenner-Trilogie) und seine Co-Autorin Maria Murnberger für die Steirerkrimi-Reihe auf Bücher von Claudia Rossbacher zurück, mal verwenden sie auch nur Figuren daraus für ihre eigenen Geschichten. So auch in „Steirergeld“, dem achten Film der beliebten und erfolgreichen Reihe (fünf und sechs Millionen Zuschauer), der einen ungewöhnlichen Kriminalfall zu bieten hat und sich dubiosen Praktiken der Bankenwelt widmet. Und das – wie immer – in der eher beschaulichen Steiermark. Der Direktor einer Privatbank brachte Geld allzu großzügig unter die Leute, spielte den Wohltäter des kleinen Ortes und band mit verlockend hohen Zinsen immer mehr Sparer an sein Haus. Dahinter steckte in Wahrheit ein perfides Schneeballsystem. Das wird in Rückblenden erklärt und eingeordnet: „Der Rudi war wie ein Mafiaboss“, sagt einer der Geschädigten, der vom Banker auch noch als Kurier benutzt und dafür belohnt wurde. Seltsame Geldkreisläufe gehörten zum System Stiegler. Diese erklärt Murnberger auf die witzige Art. Anni fasst das so zusammen: „Der Bankdirektor bringt ihnen also das Geld aus der Bank, damit sie kurz darauf bei der selben Bank ihre Schulden begleichen können“.

Mit diesem Dreh haben die Autoren einen überschaubaren Ort, in dem viele Menschen von der Pleite betroffen sind und nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll. So gibt‘s Verdächtige zu Hauf. Die Murnbergers blicken hinter bürgerlich-idyllischen Fassaden, in denen sich Doppelmoral verbirgt. Mord, Betrug und Erpressung – Murnberger, der alle Steirerkrimis inszeniert hat, nutzt zwar auch Elemente der Spannung, doch er blickt viel lieber in unterschiedliche Lebensräume und Gesellschaftskreise, stellt die Figuren in den Vordergrund. Die Krimigeschichte ist wendungsreich, aber dominiert nicht. Wie reagieren Menschen darauf, wenn man sie übers Ohr gehauen hat? Wie versuchen sie, sich aus der Notlage zu befreien?

Zum dritten Mal ermitteln Sascha Bergmann und Anni Sulmtaler zusammen. Man begegnet sich auf Augenhöhe und mit Respekt, aber beide lassen keine gegenseitige Stichelei aus. Das sorgt dafür, dass der Ton des Krimis trotz Mord und Totschlag eher leicht und unterhaltsam ist. Die witzigen Dialoge lockern die Handlung auf. Das tut dem Film gut. Denn Finanzkrimis haftet an, dass sie meist eher trocken sind. So streuen die Murnbergers kleine amouröse Nebenschauplätze ein: Anni schafft es immerhin bis zur ausgezogenen Bluse im Zimmer des Wirtschaftsprüfers, den Sascha nur abfällig – oder ist es eher eifersüchtig? – „Spargeltarzan“ nennt. Er selbst holt sich beim erneuten Flirtversuch mit seiner Ex und jetzigen Vorgesetzten Nicole Sturm (Bettina Mittendorfer) einen Korb. Die zieht ihre Fische im Aquarium dem zu leichtem Zynismus neigenden Kommissar vor. Und schließlich lernt man auch eine besondere Form einer Lokalrunde kennen. Als der pleite gegangene Dachdecker Möttl im Gasthaus die ehrenwerten Stammtischbrüder sitzen sieht, die über Banker Stiegler diskutieren, macht er seinem Frust Luft, kündigt an „Ich schmeiss eine Lokalrunde“ und schüttet ihnen sein Bier ins Gesicht. Ja, so geht es zu in der Steiermark. Dort wird auch weiter gemordet. Der neunte Film der Reihe mit dem Titel „Steirerglück“ ist bereits abgedreht. (Text-Stand: 19.11.2022)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Reihe

ARD, ORF

Mit Hary Prinz, Anna Unterberger, Bettina Mittendorfer, Christoph Kohlbacher, Heikko Deutschmann, Michael Menzel, Fanny Stavjanik, Gottfried Breitfuß, Simone Fuith, Marcel Mohab, Reinhard Novak, Dominik Marta, Gisela Salcher, Martin Weinek, Stefanie Dvorak

Kamera: Peter von Haller

Szenenbild: Maria Gruber

Schnitt: Karin Hammer

Musik: Roman Kariolou

Redaktion: Diane Wurzschmitt, Christopher Pellander (beide ARD Degeto), Dr. Klaus Lintschinger (ORF)

Produktionsfirma: Allegro Film

Produktion: Helmut Grasser, Gabi Stefansich

Drehbuch: Maria Murnberger, Wolfgang Murnberger – unter Verwendung von Figuren aus Claudia Rossbachers „Steirerkrimis“

Regie: Wolfgang Murnberger

Quote: 6,56 Mio. Zuschauer (24% MA)

EA: 08.12.2022 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach