Es wirkt wie ein Widerspruch, wenn es heute in einer neuen Folge der “Stahlnetz”-Reihe, die vor drei Jahren wiederbelebt wurde, um Übersinnliches geht. Ausgerechnet dieser Klassiker in Sachen authentische Ermittlungsarbeit! Der Kommissar stellt es noch einmal klar: “Was für mich zählt – das sind Fakten, das sind Beweise, die vor Gericht Bestand haben und einen Täter überführen”, so die einführenden Worte des von Axel Milberg gespielten Muffelkopfs. Aber selbst dieser hanseatische Sherlock Holmes muss gestehen, “dass es zwischen einigen wenigen Menschen eine ganz besondere Verbindung geben kann”.
Am hellichten Tag wird in einer ganz normalen Wohngegend ein 14-jähriges Mädchen entführt. Keiner hat etwas gesehen. Die Kidnapper verlangen eine Million Euro von den Eltern. Schnell wird klar, dass es sich um ein Versehen handeln muss. Der Vater ist Hausmeister und nicht Multimillionär, und die Entführer offensichtlich alles andere als Profis. Das macht die Angelegenheit besonders gefährlich und zu einem extremen Nervenspiel aller Beteiligten. Als sich die Entführer zwei Tage nicht melden, hegt die Polizei sogar Zweifel an der Entführung. Vielleicht ist das Mädchen ja nur von Zuhause weggelaufen? Doch der Kombinationskünstler Borowski verlässt sich ausnahmsweise einmal nicht auf die Fakten, sondern er vertraut seinem Gefühl.
Foto: NDR / Romano Ruhnau
Axel Milberg spielt seinen Kommissar als Mischung aus kriminalistischem Spürhund und der einsamen Wolf-Nummer. Ohne große Emotionen zu zeigen, lässt er die Kollegen auflaufen und seine junge Mitarbeiterin desöfteren dumm im Raum stehen. Milberg ist zwar Fan der guten alten ZDF-Serie “Der Kommissar”, doch sein Borowski ist alles andere als eine Vaterfigur. “Er ist kein Held, aber einer, der immer das tut, was er für richtig hält.” Ein Eigenbrötler. Der Umgangston, den er auf dem Kommissariat vorgibt, entspricht sehr genau auch der Tonlage des Films. “Es ist dunkel, puristisch, schwerfällig und doch elegant erzählt”, betont Axel Milberg. Sogar das Wetter schmuddelte mit.
“PSI” kommt ohne Mord und Totschlag aus. Das passende Sujet für einen wie Markus Imboden. Bei Leichen mit Filmblut muss der schweizer Regisseur immer lachen. Als er das Drehbuch las, dachte er sich: “So ist das Leben, so könnte es jedenfalls sein.” Es passiert eigentlich nicht viel. Eine stümperhafte Entführung und das anschließende Stochern im Ameisenhaufen und natürlich die Verzweiflung der Eltern. Imboden beschreibt seinen Ansatz folgendermaßen: “Wie kann man einen Film machen, der spannend ist, ohne dass alle paar Sekunden ein Boot explodiert?” Antworten holt sich der Grimme-Preisträger gerne bei einem wie Jean-Henri Melville (“Der eiskalte Engel”), einem Meister der Langsamkeit. (Text-Stand: 5.5.2002)