Drei Jahre auf Tour – Roccos „Herzschrittmacher“ laufen ein wenig unrund. Kein Wunder, der jüngste der Band ist 77. Eine Verschnaufpause in der Seniorenresidenz ist dringend angeraten. Doch obwohl Roccos Flamme Marina, hochschwanger und entsprechend auf Harmonie-Trip, die neue Heimleiterin ist, will keine gute Stimmung aufkommen. Degenhard ist das alles viel zu uncool – Malen, Urschreitherapie, gereatrische Bio-Küche und dieses ewige sich liebhaben. Der alte Grantler mag nicht mehr. Auch Neuzugang Dieter ist kaum besser drauf. Doch als der Ex-Gourmetkoch in Althippie Sandra eine neue Liebe entdeckt und seine alte in der Residenz-Küche wiederbelebt, geht es wieder aufwärts – auch mit Degenhard. Es wird wieder Musik gemacht, aber auch sonst haben die Oldies tolle Ideen: weniger Bevormundung, mehr Eigeninitiative; am besten Selbstverwaltung. Doch die alte Heimleiterin Frau Glück, die Karriereleiter hoch gefallen, macht den Rebellen erneut das Leben schwer.
Foto: ORF / Domenigg
„Die Spätzünder“ war 2010 der Überraschungsfernsehfilm schlechthin: mit über acht Millionen Zuschauern ein Riesenerfolg beim Publikum, dazu ein Thema, das Aufbegehren der Alten, verpackt als poppige Chartsstürmer-Komödie, das fortan häufiger in Fernsehfilmen („Lotta und die alten Eisen“) Gehör fand. Der Trendsetter bekommt nun einen zweiten Aufguss und – wie beim Tee – ist dieser deutlich schwächer. Zu Beginn holpert es mächtig. Die Story kommt nicht in Gang, dafür purzeln die Klischees recht uninspiriert und die Dialoge geben vor, trendy zu sein („Alter, Ihr hattet eure Zeit“). Die Stimmung muss erst wieder auf Null gefahren wieder, damit es mit den Senioren wieder bergauf gehen kann. Das ist alles so offensichtlich, dass der Spaß beim Zuschauen deutlich leidet. Sicher ist die arg simple Dramaturgie und der Hang, alles auszusprechen („ein Haufen alter Leute, die keiner mehr sehen will“) und aus Sätzen Merksätze zu machen („Warum ist alles schlecht, nur weil wir alt sind?“), der Zielgruppe geschuldet. Das soll an dieser Stelle prinzipiell nicht kritisiert werden (oft genug wird ja in komplex erzählten Krimis keine Rücksicht auf ältere Zuschauer genommen). Ein weiterer Grund für die eingeschränkte Sehfreude: Nach der Überraschung von „Spätzünder“ ist die Erwartung gestiegen. Der Wunsch, noch mal überraschend beglückt zu werden und sich wohl zu fühlen auch im Setting von „Die Spätzünder 2“, ist deshalb ziemlich aussichtslos, solange den Machern kein neuer Dreh einfällt.
Foto: ORF / Domenigg
Soundtrack: Mamas & Papas („California Dreaming“), Them („It’s all over now, Baby Blue“), Sido („Der Himmel soll warten“)
Und dieser Dreh fehlt. Es ist die typische Mit-Verzweiflung-zum-großen-Auftritt-Story, versehen mit einem komödiantisch aufbereiteten Last-Minute-Rescue, die die tapferen Goldies vom Tiefpunkt des Niedergangs ab zum Happy End führt. The same procedure. Die Alten, die ihre „Residenz“ am liebsten kaufen würden, um ihr eigenes Ding zu machen, besinnen sich auf das, was sie und Rocco am besten können: mit Leidenschaft Musik machen. Wenn sie den Worten („es ist ja wie früher“ / „eine Revolution wie damals“) endlich Taten folgen lassen, kommt „Der Himmel soll warten“ mit seiner zuvor nur behaupteten Gereatrie-Anarchie endlich in Schwung. Jan Josef Liefers darf seinen zerknirschten Blick gegen das Lausbuben-Lächeln eintauschen, Ursula Strauss herzallerliebst strahlen – und Sido sich als Schauspieler versuchen. Dass sein Titelsong erträglicher ist als das abgenudelte „La la la la la Live is Life“, das schon vor 30 Jahren eine Ohrfeige für den guten Geschmack war, ist wenigstens ein Pluspunkt für „Die Spätzünder 2“. Und dass das hiphoppende „Der Himmel soll warten“ auch jüngere Zuschauer locken wird, ist auch nicht verkehrt.