Michael Heinrich sieht sich am Ziel seiner Träume: Leben und Arbeiten in Bella Italia – als Korrespondent für eine Kölner Zeitung. Der Rest der Familie sieht dem Leben in Rom mit gemischten Gefühlen entgegen. Denn Ehefrau Susanne, gerade als Anwältin wieder gut im Geschäft, muss sich beruflich eine Auszeit nehmen, und Tochter Caroline trauert ihrem deutschen Freund nach. Doch obwohl anfangs die italienischen Verhältnisse den deutschen Hang zum Perfektionismus kräftig auf die Probe stellen, gewöhnt sich die Familie schneller als gedacht an Stromausfall, Dauerhitze und die Marotten der Römer. Besonders gelassen nimmt es Vater Michael, der sich auch ohne Telefon, Internet und Vatikan-Akkreditierung tapfer schlägt. Bald hat er mit einer „archäologischen Sensation“ sogar eine Seite-3-Geschichte an der Angel. Mehr aus dem Tritt bringt ihn dagegen die junge, attraktive Nachbarin, die sich dummerweise just an dem Wochenende aus ihrer Wohnung ausschließt, an dem seine Frau mit dem Padrone am Meer verbringt, kein Schlüsseldienst in Sicht ist, dafür alsbald die Schwiegereltern vor der Tür stehen. Noch turbulenter werden die Reise im Papstflieger und die zeitgleiche Aushebung eines Etruskertempels. Der Journalist muss sich zerreißen.
Der Fernsehfilm „Sommer in Rom“ ist entstanden nach den biografischen Erlebnissen des Journalisten Stefan Ulrich, der für die „Süddeutsche Zeitung“ mehrere Jahre Korrespondent in Rom war. Den Drehbuchautoren und Regisseur Stephan Meyer ist es überraschend gut gelungen, aus den Motiven der launigen Beschreibungen der kleinen Zwischendurch-Lektüre „Quattro Stagioni – ein Jahr in Rom“ einen hoch amüsanten, abendfüllenden Spielfilm zu machen. Gerade das Situative, der Verzicht auf eine klare Finalisierung, wie man sie beispielsweise in romantischen Komödien findet, verleiht dem Film seinen besonderen Reiz. Nach und nach schälen sich aus Momentaufnahmen und eindringlichen Bildern (die Familie schläft eng umschlungen auf dem Balkon) die ersten Handlungsmotive heraus, die sich zu locker verknüpften Erzählsträngen verdichten und im Schlussdrittel in eine immer turbulentere, augenzwinkernde Komödie auslaufen. Der Journalist moderiert als Ich-Erzähler gelegentlich die Familienerlebnisse in Rom, gibt kurze Erklärungen – und ist dabei meilenweit entfernt von jenem aufgekratzten Ich-Ich-Ich-Geplappere anderer deutscher Komödien.
Überhaupt ist es in „Sommer in Rom“ ein Glücksumstand für Interaktion und Dialoge, dass der Erzähler der Vorlage sowie die Figuren einen Intelligenzquotienten mitbringen, der weit über dem liegt, den die ARD-Tochter Degeto jahrelang für ihre Zuschauer angenommen hat. Mit einem Journalisten und einer Anwältin in der ersten Reihe erreicht der Film zumindest schon einmal ein gewisses Umgangs-, Sprach- und Ironie-Niveau. Wenn dann noch Komödien-Timing begabte Schauspieler wie Thomas Heinze und Esther Schweins die Hauptrollen spielen, kann nicht viel schiefgehen. Auch Drehmotive, Licht und italienische Lebensart sind ein Selbstläufer, wenn man sie für die in die Jahre gekommene Toskana-Fraktion und deren Kinder geschmackvoll und sehr sinnlich anrichtet wie in diesem Fall. Die boulevardesken Momente sorgen ab der 60. Minute überdies für ein bisschen „Das verflixte 7. Jahr“-Flair. Vati allein zu Haus mit der drallen Schönheit von oben. Die erotischen Phantasien bleiben leider nur angedeutet… Hübsch auch, wie die Autoren ein paar der italienischen Eigenarten aus Stefan Ulrichs Zettelkasten fischen: die Ehefrau durchforstet des Gatten geheime Notizen. So wird der Film, der am Anfang droht, eine Nummern-Revue mit Ein-Faden-Dramaturgie zu werden, von Minute zu Minute dichter. Als Höhepunkt erfährt man noch ein paar Wahrheiten über den Journalismus im Zeitalter der globalen Vernetzung. So tun, als ob man dabei gewesen ist (obwohl man woanders weilt), anschaulich schreiben, dann sind alle zufrieden, die Chefin und die Leser. Und nach 88 Minuten passiert etwas, was selten ist bei einem ARD-Freitagsfilm: Man wäre gern noch länger Gast bei den Schusters und findet es schade, dass „Sommer in Rom“ schon zu Ende ist. (Textstand: 8.9.2013)