Frank ist Hochstapler, ein begnadeter Betrüger, einer, der nicht nicht lügen kann. Dabei wirkt er wie der nette junge Mann von nebenan: blond, weiche Gesichtszüge, breite Wangen, salopp den Pullover über die Schulter und einfühlsame Sätze auf den Lippen, so begegnet er einem in der Eröffnungsszene von Alexander Adolphs Tragikomödie „So glücklich war ich noch nie“. Jeder fällt auf diesen Mann rein. Fast jeder. Die schöne Frau in der Edelboutique will sich keinen Mantel bezahlen lassen. Das Werben um sein künftiges Opfer kostet ihn wertvolle Minuten. Die falsche Kreditkarte fliegt auf – und er hängt wenig später im Klofenster fest.
Ein Sinnbild. Frank Knöpfels Leben ist festgefahren: 30 Vorstrafen, vier Jahre Knast, zwei auf Bewährung. Endstation Putzkolonne. Doch nicht lange. Während sich sein spießiger Bruder über die kleinen Brötchen, die er seit Jahren backt, freuen kann, hat Frank bald wieder eine neue Geschäftsidee – und als er die Schöne aus der Boutique nach zwei Jahren Knast wiedersieht, weiß er, wozu das erschwindelte Geld gut ist: jene Tanja arbeitet als Prostituierte und Frank will sie freikaufen. Der Gauner und die Hure – das klingt nach Mythos, nach Kino, auch nach Klischee. Doch Adolph zeigt Menschen her, deckt die Verwandtschaft der beiden Gewerbe auf. Das Spiel mit dem Freier und das Spiel mit den Gierigen kennt nur einen entscheidenden Unterschied: Tanja verdient sich mit ihren Liebesdiensten den Lebensunterhalt, während das Lügen und Betrügen zu Franks zweiter Natur geworden ist.
Foto: ZDF / Nik Konietzny
Wie ein Süchtiger erfindet er Geschichten, schlüpft in fremde Biografien – und er muss ständig zum Flieger in irgendeine Weltstadt, obwohl er in seinem ganzen Leben nach kein Flugzeug von innen gesehen hat. Er ist ein Illusionist, der seine Erfindungen selbst am dringendsten braucht. Dieser Mann hat kein eigenes Leben. Fast bis zum Schluss legt er auch bei Tanja immer und immer wieder die Platte vom Mann von Welt auf: kein offenes Gespräch, kein Sex. Dabei hat sie ihn von Anfang an durchschaut. Ohne seine Lügen bleiben ihm ein paar Träume oder ein leises „So glücklich war ich noch nie“, ohne seine Lügen ist er ein Nichts. Das alles sieht und spürt man als Zuschauer, moralisch verhandelt oder psychologisiert wird das Verhalten nicht. Das unterscheidet diese konzentrierte Kino-Koproduktion so angenehm von herkömmlichen Themen-Fernsehfilmen.
Überragend ist die Leistung der Schauspieler. Devid Striesow ist immer gut. So gut wie hier hat man ihn selten gesehen, vielleicht auch, weil man glaubt, ein Stück weit ihn zu sehen, den manischen Schauspieler, der keine Rolle ablehnen kann, der spielen muss, um zu sein. Und was tut er in „So glücklich war ich noch nie“? Er spielt und spielt und spielt: den netten Jungen, den Anwalt und Geldjongleur, den Immobilienmakler, den Mann mit Verbindungen zur Russenmafia. Auch Nadja Uhls ganze Klasse zeigt sich in dieser vergleichbar kleinen Rolle der Tanja: bei ihr stimmt einfach jeder Gesichtsausdruck, dazu launige, nie aufgesetzte berlinernde Nutten-Sprechblasen. So tragisch die Geschichte ist und so sehr man auch mit diesen entfremdeten Helden zunehmend mitfühlt, entwickelt Adolphs Film, der die Finanzblasenmentalität mitspiegelt, auch eine leise Ironie, Witz und eine satirische Note.