Siehst du mich?

Katinka Feistls Selbstfindungsfilm: Bin ich schön genug? Bin ich sexy? Bin ich okay?

Foto: ZDF / Arte / Julian Atanassov
Foto Rainer Tittelbach

Sie hat Charme und ein hinreißendes Lächeln, doch alle schauen nur auf ihre Fettpölsterchen. „Siehst du mich?“ ist ein Film über einen Menschen und seinen Wunsch nach Anerkennung. Er zeigt die andere Seite von Beauty-Industrie und Schönheitschirurgie, von Werbung und Videoclips. Lebenskluges Selbstfindungsdrama, das sich konsequenterweise nicht schert um coole Ästhetik & raffinierte Dramaturgie. Ein Film, der ganz nah bei seinen Figuren ist.

„Sie haben wunderschöne Augen; Sie müssen die Betonung auf Ihre Augen legen“, rät die 20jährige Tiffany einer verunsicherten Kundin zu Beginn des Fernsehfilms „Siehst du mich?“. In eigener Sache weiß sich die Beauty-Beraterin weniger zu helfen. Dabei hat sie ein hübsches Gesicht, ist selbstbewusst, hat Charme und ein hinreißendes Strahlen in den Augen. Doch keiner sieht es. Alle schauen nur auf ihre breiten Hüften und das Speckbäuchlein, das sie sich von ihrer Mutter abgeguckt hat. Sogar ihren Job verliert sie, obwohl sie die beste Verkäuferin ihrer Abteilung ist. Unter solchen Voraussetzungen ist Tiffany natürlich völlig aus dem Häuschen, als ein attraktiver junger Mann Gefallen an ihr findet.

Doch es klappt nicht mit den beiden. Vor allem in punkto Sex läuft gar nichts. Immer wieder gibt es Situationen, in denen sich die beiden körperlich nahe kommen, aber immer wieder blockt jener Falk ab. Als er ihr eines Tages ins Gesicht schreit, „ich steh’ nicht auf Fette“, weiß sich das verliebte Mädchen keinen anderen Rat und lässt sich heimlich mit Muttis Ersparten ihren Bauch wegoperieren. Der Zoff Zuhause ist vorprogrammiert und was noch schlimmer ist: mit den neuen Maßen lebt es sich keineswegs angenehmer. An jeder Ecke wird Tiffany von Männern angemacht. Aber der, den sie will, hält sich nach wie vor zurück. Sollte die fehlende Intimität am Ende gar nicht mit ihr zu tun gehabt haben?

„Siehst du mich?“ ist ein Film über einen Menschen und seinen Wunsch nach Anerkennung. Er zeigt die andere Seite von Beauty-Industrie und Schönheitschirurgie, von Werbung und Videoclips. Der Druck der Bilder und der schönen neuen Körperwelten setzen die Menschen unter Druck. „Bin ich schön?“, „Bin ich sexy?“, fragen sich vor allem Frauen jeden Morgen vor dem Spiegel. Und es sind Frauen, die über dieses Thema Filme machen. „Ich wollte zeigen, was es bedeutet, nicht gesehen zu werden“, betont Katinka Feistl. „Es sind Menschen, die von ihrer Umwelt verkannt werden und die doch ein großes Bedürfnis danach haben, für das geliebt zu werden, was sie tief innen sind. Sie wollen nicht einfach nur nach ihrem Aussehen beurteilt werden.“

Siehst du mich?Foto: ZDF / Arte / Julian Atanassov
Und dann läuft Tiffany plötzlich Falk über den Weg. So schwarz & weiß, wie man befürchtet, ist „Siehst du mich“ von Katinka Feistl nicht. Viktoria Gabrysch, Sebastian Ströbel

Der 34-jährigen Aachnerin ist mit ihrem dffb-Abschlussfilm ein lebenskluges Selbstfindungsdrama gelungen, das sich nicht groß schert um ausgefeilte Ästhetik und deren Dramaturgie alles andere als raffiniert ist. Mit einer Figur wie Tiffany und einer Jungdarstellerin wie Viktoria Grabysch braucht es das auch nicht. Der Film lebt aus den Ängsten und Träumen unserer Zeit. Er ist ganz nah bei seinen Figuren, er macht gelegentlich traurig, lässt einen schmunzeln, macht aber immer auch Hoffnung. (Text-Stand: 28.7.2006)

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Kinofilm

ZDF

Mit Viktoria Gabrysch, Sebastian Ströbel, Sabine Orléans, Thorsten Feller, Sybille J. Schedwill

Kamera: Sophie Maintigneux

Schnitt: Karin Nowarra

Produktionsfirma: Kordes & Kordes, Telepool

Drehbuch: Katinka Feistl, Gwendolyn Bellmann, Meike Kordes

Regie: Katinka Feistl

EA: 28.07.2006 20:45 Uhr | Arte

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