„Nur weil du zwei Mal ‚Erin Brockovich’ gesehen hast, musst du jetzt hier nicht die Umweltaktivistin heraushängen lassen.“ So nicht! Dass Ehemann Martin seinerseits so arrogant den Umwelttechniker heraushängen lässt – das steigert nur noch Julias Unbehagen. Die Sekretärin des Bürgermeisters will es jetzt genau wissen. Was ist in dem italienischen Müll, der dem ostdeutschen Städtchen Schönstett einen Geldsegen beschert, aber offenbar auch blutige Nasen, Schwindelanfälle und Neurodermitis? Die Männer, die durch den Boom der Mülldeponie wieder in Arbeit und Brot stehen, wiegeln ab. „Völlig unbedenklicher Hausmüll“, beteuert der Bürgermeister mit gewohntem Strahlelächeln. Doch ein unabhängiges Gutachten lässt er nicht erstellen. Die Frauen sind auf 180 und wollen eigentlich einen Sitzstreik organisieren, der sich dann allerdings zu einem wochenlangen Sexstreik auswächst. Denn was die alten Griechinnen konnten – das können die Schönstetterinnen schon lange.
Aus einer recht originellen Grund-Idee entstand eine muntere Komödie, die nicht nur die soziale Realität vieler Kleinstädte abbildet und diese Idee gleichzeitig zum Motor eines Komödienmaschinchen umfunktioniert, sondern die auch nebenbei zeigt, wie sich die Politik der leeren Kassen in den Ehebetten niederschlägt: die Jungen lassen es arbeitslos besonders krachen, während bei zu Hausmännern degradierten Akademikern sich wenig regt. Auch wenn „Sexstreik“ seine gesellschaftspolitische Relevanz systematisch auf eine wenig aufregende Frauenpower-Solidaritätskomödie herunter witzelt, in der es mehr um den gewissen kleinen Unterschied zwischen Männlein und Weiblein geht als um den großen zwischen Haus- und Sondermüll, so ist dieses TV-Movie nach wochenlangen Plattheiten aus dem Hause Sat 1 zumindest eine Komödie der gehobenen Mittelklasse.
Doch warum gerät, obwohl permanent vom möglichen Giftmüllskandal die Rede ist, das Thema letztlich ins Hintertreffen? Diese Schwäche liegt an der Beziehungsglücks-Fixierung des Genres, aber auch an der Stärke der Hauptfiguren und der Präsenz seiner Darsteller. Was interessiert schon das fiktive Schicksal eines fiktiven Städtchens, dem eine ziemlich ausgedachte Geschichte angedichtet wird, wenn die meiste Zeit Elena Uhlig durch die Szenerie fegt und wenn Henning Baum es mal wieder schafft, mit zwei Gesichtsausdrücken ein Höchstmaß an Sympathie zu generieren oder wenn Martin Brambach einmal mehr – zwischen zwei Saunagängen barfuß bis zum Hals – einem Politiker ein ebenso überhöhtes wie vertrautes Gesicht gibt. Schade auch, dass die Auswirkungen des Sexstreiks nicht weiter ausgemalt wurden. Da hätte den Autorinnen „Geschlechterpolitischeres“ einfallen können als Gummipuppe und Hurenstreik.