König Wilbur, ein exzentrischer Herrscher und leidenschaftlicher Zocker, verliert nicht gern – weder beim Spielen, noch seine Tochter. Mit allerlei Tricks ist und bleibt er denn auch der ewige Gewinner – bis sein Hofmusiker Jasper und seine Freunde ihm eine Lektion erteilen. Grund hierfür sind Prinzessin Ella und die Weigerung des Königs, sie ihm zur Frau zu geben. Nachdem Wilbur Jasper hat in den Kerker werfen lassen, während er seiner Tochter Glauben macht, der Musikus habe das Weite gesucht, soll die Wette, wer den schnellsten Läufer hat, den König nicht nur blamieren, sondern sie soll auch den Weg frei machen für die Hochzeit. Ella und der König wissen nicht, wer da in diesem Zottelgewand steckt und um sein eigenes Leben wettet. Um Haaresbreite gewinnt Jasper dank seines rasenden Freundes die Wette. Doch dem König ist nicht zu trauen… Nur gut, dass Jasper fünf Freunde hat, die mit besonderen Talenten gesegnet sind. Da sind neben dem „Schnell-Läufer“ Markus noch Flora „die Hexe“, Lukas „der Starke“, Lisa, „die Eisige“ und Benjamin „der Scharfschütze“.
Gemeinsam die Welt aus den Angeln heben. Das Märchen „Sechse kommen durch die ganze Welt“ ist ein Plädoyer für Ehrlichkeit und Solidarität, aber auch und vor allem für das Jung- und Anderssein. Sechs jugendliche Außenseiter gegen die verkrusteten höfischen Strukturen und die erwachsene Welt der Lügen und der Menschenverachtung. Sechs Outlaws, solidarisch im Kampf gegen Reichtum und Macht, vereint durch das Band der Freundschaft und die Kraft der Aufbruchsstimmung. „Die ganze Welt wartet auf uns“, heißt es am Ende. Die Gemeinschaft steht damit auch über der (konservativen) Zweisamkeit des romantischen Paars. Die Wildheit der beiden eint den Musikus und die Prinzessin. Jung, frei und verliebt, das ist etwas anderes als mit Pomp in den Hafen der Ehe einzufahren. Die Hochzeit kann warten… „Sechse kommen durch die ganze Welt“ ist ein Märchen, dessen Geschichte dem Zuschauer ein faszinierendes, breites Konnotationsfeld eröffnet und dabei sehr modern wirkt.
Der Film – das liegt wohl auch am Sujet – ist inszenatorisch nicht ganz so geschlossen wie Uwe Jansons Top-Märchen „Hänsel und Gretel“ (2012) sowie „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ (2013) und besitzt entsprechend nicht ganz so viel filmische Atmosphäre. Dass allerdings dasselbe Kreativ-Team auch hinter dem 2014er-Märchen von RBB und SR steckt, lässt sich unschwer erkennen. Kamera, Schnitt, Maske, Szenen- und Kostümbild sowie die Musik zeigen – das passt zur Message – einen deutlichen Hang weg vom 08/15-Sonnenschein-Märchen-Design. Die Sechse haben ihren eigenen Kopf – und bekommen auch ihren eigenen abenteuerlich angehauchten Individual-Look. Und beim Cast wurde klug darauf geachtet, welche Figuren vor allem ikonografische Präsenz zeigen müssen und welche auch besondere schauspielerische Talente benötigen. Während die fünf Freunde der Sechse nicht allzu viel zu „spielen“ haben, sind die Anforderungen an König Wilbur, jenen eigentlich boshaften Spielmatz, dem man aber nicht richtig böse sein kann, ungleich höher. Eine ideale Rolle für den spielfreudigen Komödianten Sebastian Bezzel. (Text-Stand: 15.11.2014)