2019 ist noch jung, aber „Schwiegereltern im Busch“ hat schon jetzt beste Chancen beim inoffiziellen Wettbewerb „Überflüssigster Film des Jahres“. Gerade im Vergleich zu den anspruchsvollen Dramen, die Sat 1 in den letzten Wochen zu Themen wie Stalking und Zivilcourage gezeigt hat, ist die völlig missglückte Komödie ein Rückfall in Zeiten, als der Sender bei seinen Eigenproduktionen fast ausschließlich auf belanglose Romanzen setzte. Auch solche Produktionen können natürlich kurzweiligen Zeitvertreib bieten, aber davon kann hier keine Rede sein. Dabei sind die Mitwirkenden vor und hinter der Kamera durchaus namhaft. Regie führte immerhin Peter Gersina („Danni Lowinski“), der mit seinen vielen Episoden für die letzten Staffeln der RTL-Serie „Der Lehrer“ regelmäßig bewiesen hat, wie gut er Comedy mit nachdenklichen Aspekten kombinieren kann.
Das wäre in diesem Fall theoretisch ebenfalls möglich gewesen, denn Autor Sönke Andresen erzählt die Geschichte dreier Paare in unterschiedlichen Beziehungsstadien: Jochen und Chiara (Luke Neite, Athena Strates) wollen heiraten und laden ihre Eltern zur Hochzeit ein. Weil der junge Mann seine Verlobte mit dem Kauf einer Farm in Südafrika überrascht hat, müssen Franky & Sandy Kowalski (Dirk Borchardt, Julia Heinz) sowie Renate & Hubertus von Zangenheim (Nadeshda Brennicke, Heio von Stetten) in den Busch reisen. Als es zu einer Bruchlandung kommt, muss sich das Quartett zu Fuß durchschlagen. Das allein wäre angesichts von Wassermangel und wilden Tieren schon Herausforderung genug, aber die beiden Paare befinden sich im Dauerstreit. Die Zangenheims hatten bereits einen ersten Scheidungstermin, die Kowalskis haben ebenfalls Krach. Zu allem Überfluss sitzen ihnen auch noch zwei Diamantenschmuggler im Nacken. Zwischendurch macht der Film immer wieder Abstecher zu Jochen und Chiara, die ganz andere Probleme haben: Das Haus entpuppt sich als Bruchbude, der Traum von der Farm in Afrika war ohnehin vor allem Jochens Traum, und Chiara fragt sich, ob ein Studium nicht doch sinnvoller wäre. Als sie mit dem Auto davon fährt, bleibt sie prompt in einer Furt stecken und sieht sich von Flusspferden umzingelt.
Die Handlung ist also überschaubar und nicht sonderlich anspruchsvoll; „Schwiegereltern im Busch“ ist eine dieser Komödien, in denen ein Unglück gern durch Sätze wie „Keine Sorge, hab’ alles im Griff“ eingeleitet wird. Dennoch hätte aus der Geschichte ein vergnüglicher Abenteuerfilm mit romantischen Zügen werden können, denn natürlich müssen sich die Paare zusammenraufen, um die Herausforderungen zu überstehen. Die Produktion ist komplett in Südafrika entstanden, weshalb schon die erste Elternszene irritiert, als sich Hubertus und Renate bei einem Berliner Gericht einfinden, Richterin und Anwalt jedoch hör- und sichtbar synchronisiert sind. Der Film hat aber ein ungleich größeres Problem. Andresen hat seine Drehbücher bislang vor allem für Axel Ranisch geschrieben, dessen Arbeiten sich regelmäßig durch einen großen Improvisationsanteil auszeichnen. Im Kino hat das gut funktioniert. Andresen war aber auch an Ranischs TV-Produktionen beteiligt, die sehr zwiespältig ausgefallen sind. „Familie Lotzmann auf den Barrikaden“ (2018) war eine äußerst unterhaltsame Satire, doch die beiden Ludwigshafener „Tatort“-Eposoden „Babbeldasch“ und „Waldlust“ (SWR 2017/18) waren stellenweise auf geradezu groteske Weise misslungen.
In diese Kategorie gehört auch „Schwiegereltern im Busch“. Die Parallelen zu den verunglückten Krimis ergeben sich durch die schauspielerischen Darbietungen, was gerade angesichts der geballten Erfahrung überrascht. Womöglich wollte ja auch Gersina mal ausprobieren, ob Improvisation Spaß macht. Wenn dem so war, hatte dies zumindest nicht zur Folge, dass sich seine Stars auf ihre Stärken besonnen haben; ihre Arbeit grenzt teilweise an Rufschädigung in eigener Sache. Nadeshda Brennicke verkörpert das verwöhnte Luxusweibchen exakt so, wie sie das schon oft getan hat, und Heio von Stetten war auch schon mal viel besser. Ausgerechnet Borchardt, der dank seiner physischen Präsenz immer dann am stärksten ist, wenn er sparsam agiert, spielt hier wie entfesselt; allein der Respekt vor seinen sonstigen Leistungen verbietet die Verwendung des Begriffs „Knallcharge“. Als einzige der vier Hauptdarsteller halbwegs ernst zu nehmen ist ausgerechnet die am wenigsten bekannte Julia Heinze, die zudem das Glück hat, dass sich Sandy im letzten Akt nach einem Schlangenbiss mehr oder weniger aus der Handlung verabschiedet. Angesichts des Kasperle-Theaters fallen die Kameraarbeit von Jochen Stäblein, der für schöne Afrikabilder sorgt, sowie die für diesen Film viel zu gute Musik kaum noch ins Gewicht. Schade ist es auch um Athena Strates. Die junge Südafrikanerin mit deutschen Wurzeln ist einer der wenigen Lichtblicke. In dem ARD-Drama „Aufbruch ins Ungewisse“ ist sie noch von Jasna Fritzi Bauer synchronisiert worden, hier spricht sie ihre Dialoge selbst, wenn auch mit leichtem Akzent, den der Film nicht verschweigt: Chiara hat ihre Jugend in einem englischen Internat verbracht; eine Sorgfalt im Detail, die der Produktion auch sonst gut getan hätte.