Ein wenig makaber muss es schon gewesen sein: Im April 2007 hatte sich Götz George einer Herzoperation unterziehen müssen, nicht mal ein halbes Jahr später spielte er einen Unternehmer, der das gleiche Schicksal erleidet; die gut sichtbare Narbe passte also perfekt. Und noch eine biografische Parallele gibt es im fertigen Film: Wenn Schmitt mit einem Porträt seines Vaters, dem patriarchalischen Firmengründer, Zwiesprache hält, muss man unwillkürlich an Georges fast ehrfürchtige Bewunderung für seinen Vater Heinrich denken. Davon abgesehen ist das Lustspiel zwar von ergreifender Harmlosigkeit, aber immerhin hübsch anzuschauen; alles andere wäre angesichts der hochkarätigen Kombination – Manfred Stelzer führte Regie, Stefan Cantz und Jan Hinter schrieben das Drehbuch – auch traurig.
George spielt einen umtriebigen Konzernchef, der die Aufforderung, nach der Operation kürzerzutreten, für eine angebliche Kur im Sauerland nutzt, um dort bei einem seiner Betriebe nach dem Rechten zu sehen. Schmitt schlüpft in die Uniform seines Chauffeurs Hubert (Karl Kranzkowski), verdingt sich als Fahrer des Geschäftsführers Gräber (Pierre Besson) und findet alsbald heraus, dass der von der Belegschaft bloß „Toten-Gräber“ genannte Freund seines ehrgeizigen Neffen die Schokoladenfirma „Patrizia“ gezielt zugrunde richtet, um das Gelände anschließend an ein dänisches Möbelhaus verkaufen zu können.
Eine Sozialkomödie also, die über weite Strecken vom Rollentausch lebt: Hubert macht seine Sache so gut, dass sich Schmitt schon bald über seinen anmaßenden Tonfall mokiert. Außerdem findet der echte Chauffeur nach anfänglicher Zurückhaltung großen Gefallen am Leben in Saus und Braus, zumal er sich prompt einen Kurschatten fängt. Man kann der Geschichte sogar eine gewisse aufklärerische Note attestieren: etwas Globalisierungskritik, ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit, und der Appell, nicht alles dem Kopf zu überlassen, sondern auch mal Herz zu zeigen. Die Operation zu Beginn deshalb gleich hintersinnig zu nennen, wäre indes wohl zu viel des Guten; erst recht, wenn man den Film mit den vor Ironie sprühenden „Tatort“-Krimis aus Münster vergleicht, die Cantz und Hinter mitgeprägt haben.
Foto: Degeto / Martin Menke
„Schokolade für den Chef“ lebt maßgeblich vom prima-Zusammenspiel zwischen George und Kranzkowski und den zahlreichen hübsch ausgedachten Details der Geschichte. Höchst vergnüglich ist schon der Auftakt, wenn der offenbar öffentlichkeitsscheue Schmitt von einem Fotografen für den Gärtner gehalten wird, fünfzig Euro für einen Tipp kassiert und den Eindringling dazu bringt, auf zwei Fingern zu pfeifen, was prompt die Wachhunde alarmiert. Später enttarnt der Fotoreporter den Firmenchef bei der Kur; prompt ziert Hubert das Cover der Illustrierten „Lala“. Und noch eine hübsche Wendung: Die Personalchefin (Jule Böwe) der „Patrizia“ wurde einst nicht nur nach dem Betrieb benannt, sondern würde die Firma gern retten. Dass Gräber ihr Freund ist, kompliziert die Dinge allerdings. Ihr Vater (Rudolf Wessely) war zudem einst Schmitts Lehrmeister, und obschon mittlerweile blind wie ein Maulwurf, durchschaut er dessen Scharade natürlich, lässt sich aber nichts anmerken.
Besonders schön ist schließlich das Finale, wenn die verschiedenen Schwindeleien aufgedeckt werden, zur allgemeinen Verblüffung auch andere Beteiligte ihre Maske fallen lassen und Schmitt mit seinem unversehens zu Wohlstand gekommenen früheren Chauffeur fachsimpelt, wie schwer es doch sei, gutes Personal zu finden. Das wirkt zwar alles etwas gestrig, aber wer’s mag, wird’s sympathisch altmodisch finden. (Text-Stand: 26.7.2008)