„Schnell ermittelt“ ist das, was Sender suchen: eine Serie, die mit der ersten Folge einschlägt, deren Konzept und deren Gesichter über mehrere Staffeln tragen und die diese Option Dank des großen Zuspruchs der Zuschauer auch nutzen können. Dass sich dennoch kein deutscher Sender als Ko-Produzent für die österreichische Krimiserie fand, weder ein öffentlich-rechtlicher noch ein kommerzieller, ist unverständlich und lässt einmal mehr am Gespür der Sender-Redakteure zweifeln. „Zu speziell“, hieß es. Einen zweiten „Kottan“ wollte sich keiner ins Nest holen. Als die Serie dann Marktanteile von bis zu 30% einfuhr und in Österreich (zehn Mal kleiner als Deutschland) über 700.000 Zuschauer pro Folge erreichte, Ursula Strauss, das Gesicht der Serie, nach Arthaus-Erfolgen („Revanche“) plötzlich im Mainstream reüssierte, was mit zwei Romys 2010 und 2011 und dem Österreichischen Filmpreis 2012 eindrucksvoll bestätigt wurde, kaufte der SWR im Frühjahr 2011 die Ausstrahlungsrechte für „Schnell ermittelt“. Zweieinhalb Jahre später, im November 2013, startet die Serie von Eva Spreitzhofer (Buch) und Michi Riebl (Regie) nun endlich im SWR-Dritten.
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Deutsche Mühlen mahlen langsam. Da passt diese resche Ermittlerin tatsächlich nicht ins Bild. Angelika Schnell ermittelt nicht nur so, wie es der Name nahelegt, sie redet auch so: ohne Punkt und Komma hat sie für alles und jeden eine Bewertung parat. Sie denkt rasch, zu rasch für ihren Dienst-nach-Vorschrift-Kompagnon, Chefinspektor Franitschek, schrullig gespielt vom „Kommissar-Rex“-erfahrenen Wolf Bachofner, der ob dieser weiblichen Taffheit oft nur die Augen verdrehen kann. Doch diese Wiener Kommissarin kann auch anders. Dienstausweis und Pistole befinden sich irgendwo in den unendlichen Weiten ihrer Handtasche. Auch zu Hause mit den zwei Kindern und dem Dauerstress mit den ständig entlaufenen Hamstern ist sie nicht ganz so souverän. Und ihre Kochkünste sind so niederschmetternd, dass in Staffel 1 und 2 der bekochte Nachbar, mysteriös gespielt von Philipp Moog, der geschiedenen Kommissarin nicht an die Wäsche, sondern massiv ans Leder will. Das „zu speziell“ der deutschen Sender bedeutet also nicht nur zu viel Wiener Schmäh, zu viel Dialekt, zu viel schräges Lokalkolorit, sondern vor allem wohl auch: eine zu gewagte Mischung. Denn die Serie schließt cool den Wiener mit dem amerikanischen Todeskult kurz. Nicht „Kottan“ also, „CSI“ lässt grüßen. Die erste Szene von Folge 1 beginnt denn auch gleich auf dem legendären Zentralfriedhof. Und da geht es ganz nah ran an die an Leiche – madiges Getier inklusive. Und wenig später schwingt Dr. Stefan Schnell, der Gerichtsmediziner und Ex-Ehemann, top besetzt mit Andreas Lust („Der Räuber), zu Countryklängen die Klinge. Nicht ohne Grund setzt der SWR die Serie auf den 23-Uhr-Termin: nicht alle Folgen haben eine Jugendfreigabe bekommen; so muss man beispielsweise zum Erwerb der Serien-Box 18 Jahre alt sein.
„Schnell ermittelt“ steht und fällt mit Hauptdarstellerin Ursula Strauss. Diese Frau ist ein schaupielerndes Naturereignis. Da sie mehr drauf hat als eine gute Krimiserie in der Regel braucht, lässt man sie einfach mehr machen, bricht die Regel(n) und entwickelt(e) auch die Geschichten entsprechend. Angelika Schnell ist ein weibliches Gesamtkunstwerk. Sie besitzt alles, was Männer an (modernen) Frauen lieben und hassen. Sie ist gescheit, weiß deshalb aber auch alles besser. Sie wirkt kopfgesteuert, umso anrührender die Momente, in denen sie sehr einfühlsam agiert und die Situation ans Herz geht. Sie besitzt die Fähigkeit zum Rollenspiel, was sie hinlänglich nutzt: sie springt zwischen den Identitäten, den Reflexionsebenen – und wenn es sein muss, schlüpft sie zu Ermittlungszwecken ins Habit einer Ordensschwester. Ihre Geistesblitze gibt sie nicht nur mit ihrer Goschen zum Besten, sie werden mitunter auch Ally-McBeal-like in Bildern präsentiert. Und dann gibt es noch diese vielen kleinen Momentaufnahmen, diese Bilder ihrer Weiblichkeit: ein Lächeln, eine spontane Regung, ein starrer Blick. Und es gibt natürlich eine entsprechend breite Palette von Eigenschaften, die Ursula Strauss bedienen muss und dies locker mit Links tut: Ihre Angelika Schnell kann ironisch bis sarkastisch sein, schnippisch bis arrogant, aber auch sensibel bis melancholisch. Sie hat etwas Apartes, sexy ist nicht nur ihre Stimme, die ihr von Strauss geliehen wird. Und wenn es ihr gefällt, lacht die Frau Chefinspektorin einfach mal nur so.