Die Sopranistin Ella Herbst ist ein international gefeierter Star, doch sie ist auch eine gefürchtete Diva. Als sie eines Abends während einer Vorstellung in ihrer Heimatstadt Köln ohne ein Wort die Bühne verlässt, wird sie von den Verantwortlichen fallen gelassen und stürzt vom Olymp der Oper in die Unterwelt von Hartz IV. Denn ihr Lover hat dummerweise das ganze Vermögen durchgebracht. Grund für Ellas Verweigerung an jenem schicksalhaften Abend war der Hilferuf ihres dementen Vaters. Die egozentrische Frau besinnt sich – langsam: auf ihre sozialen Wurzeln, ihr Herz, den Sinn des Lebens. Das Angebot, im Gefängnis der Domstadt einen Gefangenenchor aufzubauen, stößt bei der verzickten Künstlerin anfangs noch auf wenig Gegenliebe. Doch Verdis „Nabucco“, die Kraft der männlichen Organe und insbesondere ein sensibler Italiener wecken in ihr neue Lebensgeister. Geblendet von der Traumwelt, in die sie sich gerne flüchtet, übersieht Ella Herbst allerdings, dass sie für die Knast-Brüder nur als „Ticket in die Freiheit“ interessant ist.
Aus der Scala in den Plattenbau. Ein Hauch „Danni Lowinski“ umweht die ZDF-Komödie „Schleuder-programm“ nach dem Roman von Hera Lind. Mit dem Unterschied, dass der Gang der Heldin durchs Tal der Tränen ins Reich der Besinnung in erster Linie ein Läuterungsprozess ist: „die Herbst“ ist ein schrecklicher Star mit schrecklichen Allüren. Mit denen muss man auch als Zuschauer erst einmal klar kommen. Bleibt dieser Film etwa eine typisch deutsche Klischee-Komödie der aufgerissenen Augen, der egozentrischen Plapperdialoge, der bunten Star-Ikonografie? Dass Annette Frier aussieht wie Veronica Ferres in der 90er-Jahre-Lind-Verfilmung „Das Superweib“ lässt wenig Gutes erahnen. Doch plötzlich schwenkt der Film um: Mit der Veränderung der Heldin gewinnt die Komödie – nicht unbedingt an Tiefe, aber an Moral, an Witz, an Esprit. Autor Martin Rauhaus macht den Knast zum Musentempel, spielt klug mit Gefangenen- und Nationalgedanken-Mythologie und stellt die Freiheit, auch die Freiheit, seinen Lebensstil zu wählen, ins Zentrum der Geschichte. Der Karriereknick entpuppt sich als Rettung, aus der Star-Puppe, unreif und verzogen wie ein Kind, wird ein Mensch, der Verantwortung übernimmt. Und Friers Figur ist nicht die einzige, die weiß, was richtig ist (fürs Happy End).
Die Handlung von „Schleuderprogramm“ ist einfach: die Läuterung ist absehbar, die Lüge simpel, die Liebe ein Muss und die glückliche Lösung ist so sicher wie der Schlussapplaus. Aber vielleicht ist ja gerade das das Geheimnis dieser kleinen Selbstfindungskomödie. Der Zuschauer bekommt, was er sich wünscht. Große Gefühle, mitreißende Musik, ein paar Spurenelemente von sozialem Alltag, kleine Gags, liebenswert verpackte Botschaften. All das verschmilzt zu einem mit Spannung erwarteten Finale. Garant für die Wohlfühlmomente sind Annette Frier und Pasquale Aleardi. Die Chemie zwischen den beiden stimmt. Aber auch sonst ist der Cast top. Und so langsam legt sich der Mantel des Vergessens über die Trash-Komödien, die Frier in den letzten Jahren für Sat 1 gedreht hat. Auch vom Name Hera Lind sollte man sich nicht abschrecken lassen!