Er war der Wegbereiter für all die Kommissare der härteren Gangart. Er war der erste Krimiheld, der vor einem Millionenpublikum fluchen und prügeln durfte. Und er war der erste, der den einsamen Wolf mit dem sozialen Gewissen gab. Horst Schimanski, außen hart, innen weich, betrat 1981 als „Tatort“-Kommissar die Bildfläche. 1991, nach 29 Einsätzen, war Schluss. Es folgte 1996 das Comeback. 14 Mal war Schimanski seitdem zur Stelle, um der zunehmend rauer werdenden Gangart unserer Gesellschaft ein Gegengewicht zu geben. Schimanski, der untrennbar mit seinem Darsteller Götz George verschmolzen ist, feiert heute sein 25jähriges Jubiläum. Das jedenfalls hat man beim Westdeutschen Rundfunk „errechnet“.
Foto: WDR / Uwe Stratmann
Ob Rechenfehler oder nicht – ein Hauch Schimanski kann dem Fernsehprogramm gestern wie heute nur gut tun. So ist „Tod in der Siedlung“ ein sozialkritischer Film geworden. Mitten in Schimmis Kiez ist ein Mitarbeiter der örtlichen Arbeitsagentur brutal ermordet worden. Natürlich nimmt sich Schimanski der Sache an. Und binnen kürzester Zeit entdeckt er mehr, als ihm lieb ist: illegales Glücksspiel, Prostitution Minderjähriger – und auch der gute Mensch, der den Minderbemittelten Jobs oder Arbeitslosengeld gab, war alles andere als ein Heiliger: Er „erkaufte“ sich Sex gegen unrechtmäßige Hartz-IV-Bezüge und ließ Arbeitslosengelder in seine Privatschatulle fließen. An dieser Welt lässt sich mal wieder richtig schön verzweifeln.
Doch Schimanski wäre nicht Schimanski, wenn ihn das alles kalt lassen würde. Und er mischt sich ein. Zunächst ist es die junge Mutter Alice, die er vor einer „Dummheit“ bewahrt. Später trifft er bei seinen Ermittlungen auf einen alten Bekannten, einen mittlerweile arbeitslosen, spielsüchtigen Bauingenieur, und seine verwahrloste Familie. Es sind die kleinen, intensiven Bilder, diese etwas anderen Geschichten von nebenan, die den Film von Torsten C. Schmidt nach dem Drehbuch von Horst Vocks und Lars Böhme zu einem nachhaltigen Stück Fernsehen machen. Und für den nötigen Realismuseffekt sorgen die herausragenden Schauspieler, von Matthias Brandt über Julia Jäger bis zu Götz George selbst.
Foto: WDR / Uwe Stratmann
Schimanski ist ruhiger geworden, leiser, nachdenklicher. „Er rollt nicht mehr über Kühlerhauben und tritt auch keine Türen mehr ein“, so George. Mithilfe von Regisseuren wie Andreas Kleinert, Mark Schlichter und Matthias Glasner ließ man den Mythos zuletzt in Ehren gealtert weiterleben. Schimanski solle nur noch das machen, was man ihm abnehmen könne, fordert auch George. In der Haltung aber hat sich Schimanski nicht verändert. „Er war immer ein Proll mit Hang zur Spießigkeit und Romantik und ist es nach so vielen Jahren noch“, charakterisiert ihn sein Darsteller. Er war der Anti-„Derrick“. Ein Kommissar, der keine Vaterfigur war, sondern eher etwas besaß vom aufbegehrenden Sohn. Er war kein Kopfarbeiter, sondern Bauchmensch. „Seine Art und sein Wesen hatten alles andere als etwas Preußisches, Diszipliniertes, wie man es bis dahin kannte.“ Schimanski war eine typische Figur der 70er Jahre, die man erst mit zehn Jahren Verspätung wagte, auf den Zuschauer loszulassen. George: „Er war eine politische, demokratische Figur, die Partei ergriff für Arme und Benachteiligte, ein Mann, der aussprach, was er dachte.“ (Text-Stand: 22.4.2007)