1997 kehrte die Figur Schimanski als Kommissar a.D. auf den Bildschirm zurück, „Geschwister“ ist sein sechster Einsatz dieser zweiten Phase der Mythos-Gestalt aus dem Ruhrpott. Horst Schimanski war schon immer ein Kerl mit Herz & Moral – und er ist fast wieder der Alte. „Er überlegt es sich nur etwas länger, bis er eine Tür eintritt“, sagt Regisseur Hajo Gies. Auch sein Status ist ein anderer: „Eigentlich ist er arbeitslos. Nur von Zeit zu Zeit wird er angeworben wie ein Söldner“, sieht Götz George seine nach wie vor im Schmuddel-Parka agierende TV-Ikone heute. Aber sonst fightet er für Gerechtigkeit auf Erden und lässt kein Fettnäpfchen aus. Und auch die Filme ecken an, wie zuletzt „Rattennest“.
Das war schon immer so. Die Duisburger, allen voran die CDU-Fraktion, waren einst außer sich. Die Montanstadt als kleine Bronx – am liebsten hätten viele Schimanski für immer aus der Stadt vertrieben. „Millionen Zuschauer wissen ganz genau, dass das Duisburg im Film ein Kunstraum ist, eine synthetisch dargestellte Kunst-Umgebung“, so Georg Feil, Chef der Colonia Media. „Dennoch nehme ich es ernst, wenn sich die Stadt diffamiert fühlt.“ Bei seinem sechsten Solo, „Geschwister“, darf der Ex-Bulle den Schimmi wieder raushängen lassen, sitzt zwischenzeitlich hinter Gittern, von Duisburg ist aber nicht allzu viel zu sehen.
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Ein Baulöwe ist der Böse im Spiel. Ewers (aalglatt: Hannes Jaenicke), ist einer, der all seine Staatsanwälte überlebt. Um so einem das Handwerk zu legen, muss einer wie Schimanski kommen, ohne Familie, bindungslos. Für einen Ex-Kollegen, der ihm mal das Leben gerettet hat, macht sich Schimanski außerdem auf die Suche nach dessen inzestuös geliebter Schwester (Sandra Speichert). Ausgerechnet in den Armen von Ewers muss er sie finden.
Mark Schlichter, der auch den Kroatien-Schimanski „Muttertag“ inszeniert hat, setzt hier auf große Emotionen. Minutenlang gerät sein Held auf Drogen-Trip, die Filmsprache dreht entsprechend durch. Das dürfte den vielen jungen Zuschauern gefallen. „Wir hatten befürchtet, dass eher die ehemaligen Schimanski-Fans unser Stammpublikum sein würden“, gesteht Produzent Feil. Doch es kam anders: So erzielte der neue Schimanski bei den 14-49-Jährigen einen Marktanteil um durchschnittlich 26 Prozent, während die letzten „Tatorte“ in dieser Zielgruppe nur 18 Prozent erreichten. Acht Millionen Zuschauer wollten die auf Kino getrimmten Krimis zuletzt sehen. „Das erfüllt den Tatbestand von Ereignis-Fernsehen“, so Feil. „Ereignis-Fernsehen“ heißt im Falle Schimanski: Warten – Warten bis Herbst ’99. Dann gibt es drei neue Krimis. Zur Zeit basteln zehn Autoren an zehn Stoffen, realisiert aber werden nur drei. Klassisch und modern erzählte Geschichten werden sich die Waage halten, betont Feil. „Diese Mischung ist es, die den neuen Schimanski ausmacht.“ (Text-Stand: 6.12.1998)