“Frauen über 40 werden eher überfahren, als dass sie noch einen Mann kennenlernen.” Die frisch geschiedene Mitt-Fünfzigerin Solveigh sagt das in voller Überzeugung, ohne Verbitterung. Sie hat sich von ihrem Mann nach 30 Jahren Ehe getrennt, weil der eine Affäre mit einer Jüngeren hatte. Sie sieht gut aus, sie ist gescheit, ein wenig eigensinnig und sie ist, wie auch der Titel des ARD-Fernsehfilms verspricht, “Scharf aufs Leben”. Sie habe mindestens noch 15 gute Jahre – und die will sie nun leben und genießen. Notfalls auch ohne Mann. Doch da stehen plötzlich gleich drei Vertreter dieser Spezies bei ihr auf der Matte.
Kein Wunder, wird doch jene Solveigh Kronberg von Senta Berger gespielt. Und die ist in der leichtfüßigen Emanzpations-Komödie von Christine Kabisch (“Scheidung auf Rädern”) attraktiver denn je. Ihre Solveigh will ihre Freiheit, sie will keinen Unterhalt von ihrem Ex-Mann, lieber arbeitet sie als Kellnerin in einem Bistro. Dort entdeckt man sie für eine neue Werbekampagne: Wahre Schönheit kennt kein Alter, lautet das neue Marketing-Motto eines italienischen Modezaren, und Solveigh ist die ideale Verkörperung dieser Nobelkampagne. Sie genießt die Zeit als Model, doch sie merkt bald, dass diese Welt nicht ihre Welt ist.
Für Senta Berger ist “Scharf aufs Leben” mehr als die Eine-Frau-geht-ihren-Weg-
Story. “Hier wird etwas gezeigt, zu dem wir keinerlei Distanz mehr haben: das Verkaufen”, sagt sie, “dazu gehören die Reklame, die Publicity, die Werbeagenturen.” Wenn Design das Sein zu sehr bestimmt, wird Senta Berger ähnlich wie ihre Heldin hellhörig. “Solveigh erkennt, dass die neue Welt mit ihr nichts zu tun hat und dass ihr Leben dafür zu kurz ist.”
“Scharf aufs Leben” kommt als leichte Komödie daher, der HR-Fernsehfilm entfernt sich nicht von der Tonlage des Alltags. Die Heldin ist Dreh- und Angelpunkt, unterscheidet sich aber von den stromlinienförmigen Powerfrauen Hera Lindscher Couleur. Solveigh ist eben nicht nur eine kraftvolle Persönlichkeit, sie legt zugleich eine große Nachdenklichkeit an den Tag, sie will leben, ohne sich selbst für den Nabel der Welt zu halten. “Sie ist stark im Sinne von glauben ans Leben”, so Berger. “Diese starke Naivität, diese starke Erwartung ans Leben – das hat was Kindliches für mich. Und das ist ihre Stärke.” (Text-Stand: 13.12.2000)