Mohsen hat es nicht leicht. Der schmächtige, verträumte Deutsch-Iraner, Ende 20, lebt noch immer bei seinen Eltern, gegen die er sich nur schwer zu behaupten weiß. Der Vater hält ihn für einen Versager. Die Mutter glaubt, der Junge brauche endlich eine Frau. Die Taheris führen in Köln einen Fleischerladen. Von einem Deal mit einem polnischen Schafhändler erhofft sich Mohsen endlich die Anerkennung seines Vaters. Doch der Unglücksrabe strandet in der ostdeutschen Provinz. „Wir sind ein friedliches Dorf und das soll auch so bleiben“, wird er vom Gastwirt des Ortes begrüßt. Ausgerechnet in dessen Tochter verliebt sich Mohsen: Ana, groß, blond, breitschultrig, einst Kugelstoßerin in der DDR. Und weil der kleine orientalische Fleischer der großen ostdeutschen Vegetarierin imponieren möchte, gibt er sich und seine Familie als Textilhändler aus. Die Lüge öffnet ihm die Herzen der Ossis. Der Ort, einst Sitz des Vorzeige-VEB „Textile Freuden“, träumt von wiedererblühten Industrie-Landschaften – und rollt Mohsen den Gebetsteppich aus. Auf dem stehen bald seine Eltern.
Foto: ZDF / Maria Krumwiede
„Ich bin für Recherchen durch ostdeutsche Städtchen gezogen. Da hat mir ein Dorfbewohner die Welt so erklärt: Die nächsten ‚Guten’, abgesehen von den Ossis, sind die Tschechen; die bringen ihre eigenen Stullen und ihr Bier mit, geben auch mal was ab und können gut kegeln. Danach kommt der Ausländer; den sieht man zum Glück selten. Dann kommt der Pole. Wenn man den sieht, weiß man, dass es irgendwo Sperrmüll gibt, und dann, ganz weit hinten, kommt der Wessi.“ (Ali Samadi Ahadi)
Um zu entspannen, strickt der Held in „Salami Aleikum“ seit Kindertagen. Ein Bild, das sich durch den gesamten Film zieht: Stricken, Schafe, Wolle – Verstricken. Eine Lüge aus Liebe und plötzlich zieht sich die Handlung wie ein dichtmaschiger Strickstrumpf zusammen. Bis er am Ende nicht nur sinnbildlich wieder aufgetrennt wird. Ali Samadi Ahadis Langfilm-Erstling ist eine Komödie, die auf allen Ebenen zu überzeugen weiß – dramaturgisch, thematisch, unterhaltungstechnisch. 1001 Nacht trifft auf den real stillgelegten Sozialismus, Projektionen des nahen & des sehr fernen Ostens prallen aufeinander. Es lebe das gepflegte Vorurteil!
Die Kino-Einflüsse des Autor-Regisseurs sind unverkennbar: Bollywood, „Der kleine Muck“, „Ali Baba und die 40 Räuber“, der frühe Woody Allen. Es wird getanzt, gesungen, in die Kamera gesprochen („Ich habe nichts gegen Ausländer, damit das mal ganz klar ist…“) und wie von Zauberhand mit Animationen jongliert. Und spätestens am Ende erweist sich ein Schaf als der Erzähler des Films. Was nicht die Leistung der Schauspieler – eine wunderbare Typen-Besetzung! – schmälern sollte. Und weil „Salami Aleikum“ vor lauter Phantasie und Verspieltheit dennoch nicht der rote Faden der Geschichte verloren geht, ist er einer jener Ausnahme-Debütfilme, der sich seinen Primetime-Sendeplatz im ZDF verdient hat.