Ein Mann (Justus von Dohnányi) kauft ein Handy – aber die eingehenden Anrufe gelten nicht ihm, sondern einem Hollywoodstar (Heino Ferch), der es genießt, dass ihn keiner mehr anruft. Ein gefeierter Schriftsteller (Stefan Kurt), der in seinen Romanen häufig die Geschichten realer Menschen verarbeitet, reist mit seiner Freundin (Julia Koschitz), die deshalb kaum noch ernsthaft mit ihm kommuniziert, durch die Welt, hält Lesungen in Südamerika ab, regt sich auf über dumme Fragen und tritt in einen Disput mit einer seiner Romanfiguren. Für jene Rosalie (Senta Berger) hat er sich ein Krebsschicksal und den letzten Gang zu einem Schweizer Sterbehilfeunternehmen ausgedacht. Doch die todkranke Frau will nicht sterben und opponiert gegen ihren Erfinder. Ein internetsüchtiger Nerd (Axel Ranisch) belagert den Autor, weil er in einem seiner Werke zum Leben erweckt werden möchte. Eine Krimiautorin (Gabriela Maria Schmeide) verliert in einer ehemaligen Sowjetrepublik ihre Identität und landet im Gefängnis. Was war der Auslöser: Der Akku ihres Handys ist leer.
„Gerade der Zwang, in diesem schicksalsmächtigen Puzzle immerfort Sinn herzustellen, lässt die Schauspieler stets ganz vorn an der Rampe agieren. Nichts ist nebenbei gesagt, alles wirkt wie ausgestellt. In dem Bemühen, fortwährend Bedeutung zu schaffen, treibt ‚Ruhm’ seinen Protagonisten jede Wahrhaftigkeit aus.“ (Jörg Schöning, Spiegel online)
„Die Wirklichkeit ist eine Frage der Perspektive“, so der Schriftstellers im Film, alle Existenz endet, sobald man den Blick von ihr nimmt. Das haben ästhetische Werke mit dem Rummel der Medien und dem Social-Network-Wahnsinn neueren Datums gemeinsam. Isabel Kleefelds „Ruhm“, eine WDR-Kinokoproduktion nach dem Roman von Daniel Kehlmann, zielt auf jenen Teil der Identität, die in der Öffentlichkeit geschürt wird. Celebritiy-Hörigkeit ist die eine, Narzissmus die andere Seite dieses Phänomens. Der Film ergeht sich in Momentaufnahmen und kurzatmigem Erzählrhythmus, er sucht Situationen für kranke Kommunikation, statt Geschichten zu erzählen und sinnlich erfahrbar zu machen. Der Zuschauer kann allenfalls – frei nach Max Ophüls – schönen Menschen oder Top-Schauspielern bei zeitweise hässlichem und reichlich oberflächlichem Verhalten zuschauen. Heino Ferch darf sich selbstironisch seinem frühen Image vom deutschen Bruce Willis stellen. Stefan Kurt überzeugt als eitler Romancier, der sich im Namen der Prosa um sich selbst dreht. Julia Koschitz besticht als die Frau an seiner Seite, für die das Leben auch Politik ist und nicht nur ein Roman. Und auch Senta Berger als gegen den Tod opponierende Romanfigur gibt eine starke Miniatur.
Doch es hilft alles nichts. „Ruhm“ läuft seltsam ins Leere. Sieben Hauptpersonen, sechs Erzählstränge, so wahllos die Geschichten zumeist formal miteinander verknüpft werden, so wenig zwingend erscheint diese Ensemblefilm-Collage auch inhaltlich: die Tücken der modernen Kommunikationstechnologie, der Prozess des Geschichtenerzählens – was im Roman funktionieren mag, weil kunstvoll gesetzte Worte die Bedeutsamkeit abmildern, wirkt in Bilder gepresst wie ein Sammelsurium an Gemeinplätzen. Dieser Film ist allenfalls als intellektuelles Fast-Food zu gebrauchen. Darin ist er dem Oberflächenphänomen, das er zu kritisieren versucht, gar nicht mal so unähnlich. Das „Gemurmel“ über die Top-Besetzung dürfte in der Öffentlichkeit sicher das Gespräch über die Qualität des Films überflügeln. Und nur wenige Szenen wie die mit der Selbstmörderin, die ihr Handy zurückgeben will oder sich gegen ihren Autor stellt, oder die Situation, in der ein Double die Rolle des Stars übernommen hat und der echte keinen Einlass mehr findet in sein Haus, bleiben in Erinnerung. Sowohl als Gesellschafts- als auch als selbstreferentieller Literatur-Diskurs bleibt „Ruhm“ halbherzig. Von Meisterwerken wie „Magnolia“, „Babel“ oder dem deutschen „Nichts als Gespenster“ ist dieser tragikomische Short-Cuts-Ableger meilenweit entfernt. (Text-Stand: 25.2.2014)