Ein Brauch nimmt Julia Adams (Theresa Scholze), der Tochter eines traditionsreichen Gin-Herstellers, die amouröse Gewissheit, dass David Taylor der passende Mann für sie ist. Die Hochzeit steht vor der Tür – da lässt sie sich von ihrer Freundin Emma Adams zu einem Junggesellinnenabschied überreden. Leichtsinnig versteigert sie Küsse. Und plötzlich steht der Mann vor ihr, der sie vor Jahren kurz vor der Hochzeit verlassen hatte. Die Freundin will Liebesgöttin spielen, denn sie weiß, dass jener Jamie Palmer (Steffen Groth) noch immer in Julia verliebt ist. Das Wiedersehen beginnt mit einer Ohrfeige und endet mit einer Liebesnacht. Doch Julias Verletzung sitzt tief – und Jamie macht keine Anstalten, sich zu erklären. Also herrscht erst einmal wieder Funkstille. Doch das Schicksal meint es gut: Julias Vater verliert seinen Geschmackssinn – und so muss Jamie in der krisengebeutelten Destillerie Adams einspringen. Dass der Bräutigam beim Junggesellenabschied offenbar auch mit einer Anderen im Bett landet, macht für Julia eine Zukunft als Mrs.Taylor eher unwahrscheinlich.
Die Kamera fliegt über Cornwall, die Klippen, die Küste – wir sind mal wieder in einem ZDF-Sonntagsfilm. „Verliebt, verlobt, verwirrt“, der Titel klingt sehr viel leichter und frischer, als der Film von Stefan Bartmann letztlich ist. Eine tödliche Erbkrankheit belastet die wahre Liebe des Films. Dass die geplante Hochzeit eine amouröse Notlösung ist, zeichnet sich rasch ab. Nichts gegen Gefühle, nichts gegen die Romantisierung von Partnerschaft, aber die Wege, die hier zum Happy End führen, sind dramaturgisch gesehen absolut ausgetreten. Da, wo im klassischen Melodram die Gefühle und Triebe zum Tragen kommen, finden sich bei Rosamunde Pilcher allein Zufall und Schicksal. Da wird ein Mensch geopfert, um die Geschichte mit Emotionen aufzuladen und damit die 90 Minuten „ausgefüllt“ sind. In diesem Sonntagsfilm begegnen einem Menschen aus der romantischen Retorte, Marionetten am Faden. Entsprechend gelingt es dem Regisseur nie, Gefühle mit Hilfe der Landschaft zu inszenieren, die Bilder emotional aufzuladen. Die Gefühle bleiben Papiertiger eines stereotypen Drehbuchs. Theresa Scholze und Steffen Groth, zwei, die durchaus in der Lage sein könnten, den Zuschauer zu berühren, werden uninspiriert in die Landschaft gestellt. Und in der alles entscheidenden Szene schwebt die Kamera davon, anstatt nah ranzugehen an das glückliche Paar. Aber wo vorher keinerlei Lebendigkeit war – wo soll diese plötzlich auch herkommen?! Die Erzählhaltung ist very britisch und viel zu distanziert. Typisch Pilcher!
Rosamunde Pilcher über ihre Mentalität:
„Ich bin schon ‚sehr britisch’, zurückhaltend eben. Meine Geschichten sind voller Gefühle und hochromantisch, aber ich als Privatperson könnte nie meine Gefühle so vor jemand anderem preisgeben.“
… über Eskapismus:
„Aus der Realität zu flüchten ist etwas Großartiges. Mit einem Buch, einer Fernsehsendung – oder man träumt sich in ein fernes Land. Dieser Wunsch nach Eskapismus gehört zum Leben… Wer sich aber in schwierigen Lebensphasen befindet – dem würde ich raten, anstatt die Probleme zu verdrängen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.“
„Verliebt, verlobt, verwirrt“ ist der 99. Fernsehfilm im ZDF, der als Rosamunde-Pilcher-Verfilmung angepriesen wird. Die Reihe, die 1993 mit „Stürmische Begegnung“ und immerhin mit Sophie von Kessel und Rolf Hoppe recht ansehnlich begann, hatte nach einigen Jahren nur noch wenig mit den echten Vorlagen der britischen Queen des trivialen Liebesromans zu tun. Die großen Stoffe waren bald verfilmt, also machte sich das ZDF an Rosamunde Pilchers Kurzgeschichten und gelegentlich lieferte die mittlerweile 86-jährige Autorin nur die eine oder andere Idee zu den ohnehin reichlich stereotypen Romanzen. Hinter „Rosamunde Pilcher“ verbirgt sich mittlerweile nur noch ein Label, bei dem sich noch immer Herz auf Schmerz reimt, bei dem die grünen Hügel und zerklüfteten Klippen Südenglands zumeist zur digitalen Fernsehtapete mutieren und bei dem der sogenannte „Zeitgeist“ am wenigsten von allen ZDF-Sonntagsformaten Einzug hält. (Text-Stand: 11.9. 2011)