Rosamunde Pilcher – Der magische Bus

Isabella Krieger, Max Woelky, Susanne Hertel, Serafini. Sympathische Geschichte

Foto: ZDF / Jon Ailes
Foto Tilmann P. Gangloff

Dem Titel zum Trotz geht es in dem romantischen Pilcher-Drama „Der magische Bus“ (ZDF / FFP New Media) um den Zauber der Liebe: Eine junge Reisekauffrau gründet ihre eigene Firma, aber schon die erste Gruppenreise läuft völlig aus dem Ruder. Mit Isabella Krieger haben die Verantwortlichen wie schon so oft eine unbekannte Hauptdarstellerin gefunden, die ihre Sache ausgezeichnet macht. Das weitere Ensemble sowie einige überraschenden Wendungen der Handlung entschädigen für die konventionelle filmische Umsetzung.

Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen haben bei anspruchsvollen Zuschauern und erst recht bei Kritikern keinen besonders guten Ruf. Die Wendung „es pilchert“ hat es zwar noch nicht in den Duden geschafft, gilt aber als Synonym für seichte Fernsehunterhaltung. Eins jedoch muss man dem ZDF zugute halten: Bei der Besetzung der weiblichen Hauptrollen beweisen Sender und Produktionsfirma immer wieder erstaunlichen Mut; und meist liegen sie mit ihrer Wahl goldrichtig. Jüngste „Herzkino“-Entdeckung ist Isabella Krieger, deren sehr überschaubare Filmografie bislang bloß Werke enthält, die vermutlich kaum jemand kennt. Drehbuchautorin Susanne Hertel hat ihr eine Rolle geschrieben, von deren Facettenreichtum viele junge Schauspielerinnen träumen dürften.

Das macht die Pilcher-Adaption „Der magische Bus“ zwar noch nicht zu einem besonderen Werk, aber die Geschichte ist recht kurzweilig und hat mit Walter Kreye zudem einen weiteren Darsteller zu bieten, dessen Mitwirkung in der Regel für eine gewisse filmische Qualität steht. Beide Rollen sind zudem hübsch ausgedacht: Die junge Reisekauffrau Olivia (Krieger) hat eine eigene Firma gegründet, die Ausflugsurlaube nach Cornwall organisiert. Im Rahmen der Wochentrips begeben sich die von ihr selbst geführten Teilnehmer auf die Suche nach alten keltischen Sagen, Mythen und Legenden. Die erste Reise steht allerdings unter keinem besonders guten Stern: Wegen eines Wasserschadens im Fünf-Sterne-Hotel muss die Gruppe in einen Landgasthof ausweichen, der nach einer Renovierung noch gar nicht wieder geöffnet hat. Aber es kommt noch schlimmer: In einem uralten Steinkreis in der Nähe der Klippen sollen sich die Reisenden mit geschlossenen Augen auf die Energie dieses Ortes konzentrieren. Als sie die Augen wieder öffnen, ist Arthur Talbot (Kreye) verschwunden. Weil der alte Herr etwas melancholisch wirkte, fürchtet Olivia, er könne sich etwas angetan haben; das wäre angesichts der entsprechenden Schlagzeilen das abrupte Ende ihres Unternehmens.

Rosamunde Pilcher – Der magische BusFoto: ZDF / Jon Ailes
Der Weg in die Freiheit: Arthur Talbot entdeckt die Rocker-Romantik. Walter Kreye in „Rosamunde Pilcher – Der magische Bus“

Auf beiläufige Weise lässt Hertel in ihr viertes Pilcher-Drehbuch allerlei esoterische Details einfließen. So schwärmt zum Beispiel eine amerikanische Teilnehmerin von einem Fantasy-Bestseller, dessen Heldin dank eines magischen Steinkreises in der Vergangenheit aufwacht. Tatsächlich hat auch Arthur eine solche Reise angetreten, wenn auch ohne die Gegenwart zu verlassen. Die Erklärung für seinen mysteriösen Abschied ist ebenso überraschend wie seine „Enttarnung“, denn der ältere Herr ist ein Mann mit einer äußerst bewegten Biografie. Es geht in der Geschichte zwar tatsächlich um Magie, aber der in die Jahre gekommene Reisebus hat damit nichts zu tun, denn es handelt sich wie stets im „Herzkino“ des ZDF um den Zauber der Liebe: Die Gründe für Arthurs Verschwinden sind ausgesprochen romantischer Natur. Olivia findet zudem großen Gefallen an der Gegenwart des stets zu positivem Denken animierenden Nicolas (Max Woelky), dem Besitzer des Gasthofs. Eine gemeinsame nächtliche Suchaktion rund um den Steinkreis bei Vollmond und Nebel beginnt zumindest nach den harmlosen Maßstäben dieses Sendeplatzes fast schon gruselig und endet mit einem magischen Moment. Allerdings hält Perfektionistin Olivia die Liebe für eine vorübergehende hormonelle Verwirrung, weshalb sich Nicolas ganz schön ins Zeug legen muss. Während sich die Kamera im puritanischen „Herzkino“ meist nach dem ersten Kuss verdrückt, bleibt sie bei der ersten gemeinsamen Nacht des Paars ungewöhnlich lange anwesend.

Die unerwarteten Wendungen der Handlung entschädigen für die mehr als konventionelle Umsetzung der Geschichte; ein Manko, unter dem auch frühere Hertel-Bücher für die Reihe, etwa „Das Vermächtnis unseres Vaters“ (2018), gelitten haben. Regie hier wie dort: Marco Serafini, der seit einigen Jahren ausschließlich „Herzkino“-Filme dreht. Bei aller Freude an der sympathischen Geschichte und dem überzeugenden Ensemble, zu dem außerdem noch Jakob Graf als Olivias Ex-Freund und Busfahrer, Eva Verena Müller als Nicolas’ Mitarbeiterin Eliza Little („ohne ‚Do’“) sowie der anders als im „Traumschiff“ angenehm zurückhaltend agierende Harald Schmidt als Teilnehmer mit Geheimnis zählen: Die musikalische Untermalung (Patrick M. Schmitz) ist wie in den meisten Pilcher-Filmen ein Umschaltfaktor. Schraubt sich die Kamera in die Höhe, wird das umgehend mit einem Tusch belohnt, und beim ersten Kuss des Liebespaars gerät die Musik prompt in Ekstase. Das ist aber noch gar nichts gegen die absurde Idee, ein Ehepaar aus Texas mit starkem amerikanischem Akzent synchronisieren zu lassen. Das klingt wie ein Relikt aus den Siebzigern; bei solchen Fehlgriffen dürfen sich die Verantwortlichen nicht beschweren, dass „Pilcher“ als Synonym für Fernsehen von gestern gilt. Dem Erfolg der Reihe tut dieser Vorwurf allerdings ebenso wenig Abbruch wie dem deutschen Cornwall-Tourismus; die Urlauber werden bei ihren nächsten Pilgerfahrten zu den Pilcher-Schauplätzen nun garantiert auch Steinkreise in ihr Programm aufnehmen. (Text-Stand: 5.11.2019)

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Reihe

ZDF

Mit Isabella Krieger, Max Woelky, Walter Kreye, Jakob Graf, Eva Verena Müller, Harald Schmidt, Seylan Baxter, Julie Peasgood

Kamera: Sebastian Wiegärtner

Szenenbild: Katie Lee

Kostüm: Sabine Bockmeyer

Schnitt: Ilana Goldschmidt

Musik: Patrick M. Schmitz.

Soundtrack: ZZ Top („Tush”)

Redaktion: Andrea Klingenschmitt

Produktionsfirma: FFP New Media

Produktion: Vanessa Lackschéwitz, Michael Smeaton

Drehbuch: Susanne Hertel – Vorlage: Rosamunde Pilcher, „Promise of tomorrow“ (Kurzgeschichte)

Regie: Marco Serafini

Quote: 4,68 Mio. Zuschauer (13,4% MA)

EA: 01.12.2019 20:15 Uhr | ZDF

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