Ein Polizist ist brutal mit einem Baseballschläger zu Tode geprügelt worden. Der Verdacht fällt auf die autonome Szene, die in Berlin mal wieder mobil macht. Der Tote hatte bei den Mai-Krawallen einen vermummten Aktivisten „in Notwehr erschossen“. So jedenfalls sah es die Staatsanwaltschaft. Freunde und Familie sehen es noch immer ganz anders. Rosa Roth und Körber ermitteln in alle Richtungen: linke Szene, die Angehörigen, die Kollegen von der Streife. Abgetaucht ist die Schwester des vor einem halben Jahr Getöteten: Sie hat offensichtlich den Straßenkampf für sich entdeckt. Völlig von der Rolle ist der einst beste Freund des getöteten Polizisten: Hat er über jene tragische Mai-Nacht eine Falschaussage gemacht und wurde damit seelisch nicht fertig? Ein „Kommando David Möller“ bekennt sich zum Mord an dem Polizisten. Das kann aber auch ein Fake sein.
Bei genauem Hinsehen ist „Rosa Roth – Notwehr“ ein ganz gewöhnlicher Whodunit, der simpel bis naiv seinen Fall entwickelt. Nina Grosse ist keine erfahrene Krimi-Schreiberin – das hat dramaturgisch logistische Nachteile, aber auch Vorteile, die sich vor allem in der Atmosphäre des Films und der „Temperatur“ der Figuren niederschlagen. Das geht gut zusammen mit dem angenehm zurückgenommenen Stil-Willen von Carlo Rola, der sich in seinen „Rosa-Roth“-Filmen zunehmend für einen klar gestalteten, gut cadrierten Realismus entscheidet (im Gegensatz zum überstilisierten Look der Frühzeit dieser Reihe).
„Notwehr“ ist ein ideologisch wie erzählerisch angenehm unaufgeregter Krimi. Etwas Anderes würde auch zu den Ermittlern nicht passen. Obgleich anfangs etwas zu deutlich die Last mit dem „Scheiß-Job“ der Streifenpolizisten und Kommissare („Wo stecken Sie alle diese Toten hin?“) über den Bildern hängt und die Nachdenklichkeit der Heldin mal wieder gelegentlich zur Pose zu erstarren droht, so gelingt es dem neuen von Thomas Thieme gespielten Kollegen Körber („Ich dreh’ mal ’ne Runde“), der zwar auch vom Schicksal mächtig gebeutelt ist, einen kernig kantigen Kontrapunkt zu setzen. Auch Thomas Heinze als Kurzzeitnachbar bringt nicht nur eine andere „Farbe“ ins Krimispiel – sondern bietet auch die Möglichkeit für ein paar hin getupfte Eindrücke aus Rosa Roths Innenleben – und gibt Iris Berben die Möglichkeit zu einem telegenen Flirt in weißem Edelfrotté statt dem gewohnten Kaschmir.