Was passiert, wenn eine mit ihrer Sprachgewandtheit ermittelnde Kommissarin mit ihrem Medium nicht mehr weiter kommt? Was passiert, wenn eine wie Rosa Roth unter Gehörlosen einen Mord aufklären muss? Was konstruiert erscheinen mag, dem Sachverhalt verpflichtet, im Krimifach dem Zuschauer stets Neues zu präsentieren – das hat in Form des TV-Movies aus der Iris-Berben-Oliver-Berben-Carlo-Rola-Factory, “Das leise Sterben des Kolibri”, große Kraft und sticht heraus aus dem üblichen Muster, coole Lady lädt das Unheil der Welt auf ihre Schultern und überführt schön, telegen und emotional ein wenig angefressen den Täter.
In einer Gärtnerin, ausschließlich betrieben von Gehörlosen, geschieht ein Mord. Keiner hat etwas wahrgenommen davon, dass der Vater der taubstummen Melanie mit einem Spaten im Gewächshaus getötet wurde. Das Mädchen selber liegt neben der Leiche – schwer verletzt, mit einem Stein niedergeschlagen. Hat der Mörder auch Melanie töten wollen? Oder wollte er den Angriff auf sie rächen? Und wer hat den Notdienst gerufen? Rosa Roth steht vor einem Fall mit vielen Fragezeichen. Die Besitzerin der Gärtnerei und ihre gehörlosen Mitarbeiter zeigen sich wenig bereit, die Fragen zu beantworten. Einer, der sprechen kann, ein Zuhälter, den der Staatsanwalt für den Mörder hält, hilft der Kommissarin auch nicht unbedingt weiter.
Rosa Roth hat also schlechte Karten. “Denn sie ist es, die die Sprache in Form von Gebärden nicht verstehen kann und isoliert ist, während die Gehörlosen von ihren Lippen ablesen können”, betont Carlo Rola. Interessant auch, wie sich durch die Geschichte vom Vater, der die gehörlose Tochter wie ein Stück Vieh wegsperrt, und durch die selbstbewusst-kämpferische Darstellung der gehörlosen Gärtnereibesitzerin (eindrucksvoll: Chiara Schoras) die Neugier zu erfahren, wer der Mörder ist, und der Wunsch, dass die Akten des Falls geschlossen würden, die Waage halten. “Das leise Sterben des Kolibri” ist also ein Krimi, der den Zuschauer emotional mitnimmt, mitnimmt auch auf eine Reise in eine andere Welt. Alle schien das Thema zu inspirieren, die Schauspieler, den Autor und Regisseur Rola. “Durch die Begegnungen mit den gehörlosen Menschen sind meine Sinne neu geschärft worden”, sagt er. Besonders gelungen sind die Szenen mit Gebärdensprache. Die Kamera ist hier ganz dicht dran, die Zwischentöne sind physisch spürbar. Die Spannung liegt förmlich in der Luft.