Die 17-jährige Fiona macht sich mit ihrem Freund auf nach Italien. Im Morgengrauen entdecken Gleisarbeiter die Leiche einer jungen Frau, die sich offenbar vor den Zug geworfen hat. In unmittelbarer Nähe wird das Handy von Fiona gefunden. Der Verdacht, die junge Berlinerin sei die Tote, bestätigt sich nicht. Wenig später stößt die Polizei auf das Auto des jungen Paares, das wegen einer Reifenpanne nicht weit gekommen ist. In einem nahe gelegenen Waldstück findet die Polizei die Leiche des jungen Mannes. Rosa Roth und Markus Körber vermuten, dass sie es bei diesem Fall mit einem international operierenden Mädchenhändlerring zu tun haben. Auf zwei Männer konzentrieren sich die Ermittlungen in Sachen Zwangsprostitution. Doch das „System“ ist der eigentliche Gegner – und das ist für die Polizei kaum zu durchschauen. Die Chancen stehen also nicht allzu gut für Fiona.
„Rosa Roth“ hat von der Schlechtigkeit der Menschen schon immer existenzieller als andere Krimis erzählt. „Bin ich tot?“ stellt eine weitere Steigerung in diese Richtung dar: die Welt ein Jammertal. Zugleich aber nimmt der realistische, beiläufige Erzählstil viel von jenem prätentiösen Gestus, den die Reihe früher auszeichnete, aus diesem starken Großstadt-Krimi. Die Handlung zeigt immer wieder die psychischen Wirkungen, die das mühselige Ermitteln bei den Kommissare hinterlässt. Körber ist persönlich besonders involviert in diesen Fall. Auf der Suche nach seiner seit Jahren vermissten Tochter durchstöbert er Tag und Nacht Sex-Seiten im Internet. Er ist am Ende mit den Nerven – und er überschreitet die Grenze (zur Folter), die ein Polizist nicht überschreiten darf. Die Stimmungsbilder der niedergeschlagenen Ermittelnden und die atmosphärische Inszenierung geben diesem Film von Carlo Rola etwas von einem universalen zivilisationskritischen Drama. Das Wühlen im Dreck der Gesellschaft – Rosa Roth ist es leid. Und wieder marschiert ein SEK-Trupp. Und wieder ist es vergebens
Der Schmerz sucht aber auch andere heim, die Mutter des vermissten Mädchens (stark: Julia Bremermann) beispielsweise oder die kleine Schwester (eindringlich: Maria Matschke), die den Orpheus-Mythos etwas zu wörtlich nimmt und in der Unterwelt nach Fiona suchen will. Die Täter sind der Polizei bekannt – allein es fehlt die Handhabe gegen sie. Parallel zur Polizeiarbeit werden in Gangsterfilm-Manier „die bösen Jungs“ bei ihrem tagtäglichen Treiben gezeigt. Auf den ersten Blick: ganz normale Menschen. Doch für sie zählt ein Menschenleben nicht. Mord steht bei ihnen auf der Tagesordnung. Auch das Schicksal des entführten Teenagers nimmt zunehmend breiteren Raum ein. „Bin ich tot?“, fragt das unter Drogen gesetzte Mädchen in einem Videofilm, den die Entführer von ihm gemacht haben. Diesem „Rosa-Roth“-Film gelingt der Spagat zwischen sichtbarem Schrecken (die letzten 30 Minuten geht es mächtig zur Sache) und geradezu philosophisch reflektierter Moral. Thomas Thieme zeigt eindrucksvoll, welch große Bereicherung er für diese schon tot geglaubte Reihe ist.