Robin Hood & ich

Pasquale Aleardi, Nadja Becker, Holger Haase. Der Glücksbote aus dem Mittelalter

Foto: Sat 1 / Volker Roloff
Foto Tilmann P. Gangloff

Holger Haases amüsanter Genre-Mix „Robin Hood & ich“ erweitert das Repertoire der übersinnlichen Komödien um das Motiv der Zeitreise: Der berühmte Rächer von Witwen und Waisen findet sich unversehens im 21. Jahrhundert wieder. Pasquale Aleardi verkörpert den Schrecken des Sherwood Forest mit spürbarer Spielfreude und großer Hingabe. Da dürften nicht nur die Mädels im Film hin & weg sein. Auch Sat-1-Gesicht Nadja Becker ist eine gute Ergänzung. Ein gutgelaunter, harmloser Wohlfühlfilm, gut besetzt bis in die Neberollen.

„Robin Hood & ich“ erweitert das Sat-1-Genre der übersinnlichen Komödien um eine Zeitreise: Der berühmte Rächer von Witwen und Waisen findet sich unversehens im 21. Jahrhundert wieder. Schuld daran ist Marion (Nadja Becker): Nach der Pleite ihres eigenen Geschäfts muss die alleinerziehende Modedesignerin als Näherin arbeiten, doch ihr Arbeitgeber steht vor der Insolvenz. Außerdem versucht ihr Ex-Mann Felix (André Röhner), ihr das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder streitig zu machen; der Kerl ist Anwalt und mit allen Abwassern gewaschen. Zu allem Überfluss wird Felix auch noch zum Insolvenzverwalter der Textilfabrik ernannt. Marions Zorn macht auch vor dem Helden des Buches, das sie gerade ihrem Sohn Lukas vorliest, nicht halt; doch während sie noch darüber schimpft, wie unrealistisch die Heldentaten von Robin Hood seien, der angeblich stets zur Stelle sei, „wann auch immer einem Unterdrückten Ungerechtigkeit widerfährt“, wird der König der Vagabunden auch schon aus seinem 13. Jahrhundert in die Gegenwart gesogen.

Robin Hood & ichFoto: Sat 1 / Volker Roloff
Der Unrechtsrächer kann auch romantisch sein. Nadja Becker, Pasquale Aleardi

Der entsprechende Effekt ist etwas schlicht, der Held dafür um so prachtvoller: Pasquale Aleardi verkörpert den Schrecken des Sherwood Forest mit spürbarer Spielfreude und großer Hingabe. Zunächst wirkt der Unrechtsrächer allerdings wie eine Mischung aus Catweazle und Stadtstreicher. Haarschnitt und Rasur machen aus dem ungepflegten und entsprechend anrüchigen Zeitreisenden allerdings einen ausgesprochen attraktiven Frauenschwarm, dem Marions Kolleginnen prompt zu Füßen liegen; erst recht, als er vor dem Werkstor eine flammende Rede gegen die Unterdrücker hält. Besonders amüsant ist Robins Markenzeichen: Zwei rasche Schwerthiebe genügen, um seine Gegenspieler ihrer Beinkleider zu entledigen. Verhasste Feinde pflegt er mit dem Kopf nach unten aufzuhängen; ein Schicksal, das selbstredend auch Felix ereilt, als er uneingeladen in Marions Wohnung rumschnüffelt. Sehr hübsch ist auch Robins Konfrontation mit den technischen Errungenschaften der Neuzeit, die naturgemäß zu einigen Missgeschicken führt. Am meisten imponiert ihm jedoch nicht der Brunnen in der Küche (der Wasserhahn) oder das Zauberfeuer (der Gasherd), sondern das Schuhwerk, mit dem man trockenen Fußes selbst tiefste Pfützen durchschreiten kann.

Übersinnliche Komödien haben bei Sat 1 längst Tradition. Das Spektrum reicht von Geistergeschichten und Grusellustspielen wie „Das Gespenst von Canterville“ oder „Im Spessart sind die Geister los“ über die Familien- Fantasy-Filme rund um das „Wunder von Loch Ness“ bis hin zu den slapstickhaften TV-Spaßmachern wie „Das total verrückte Wunderauto“; von den diversen Körper- & Rollentausch-Komödien wie „Die Frau in mir“ oder „Plötzlich fett“ ganz zu schweigen.

Robin Hood & ichFoto: Sat 1 / Volker Roloff
Beim Protest der Arbeiter ist Robin Hood (Pasquale Aleardi) an vorderster Front mit dabei!

Die vom Sat-1-Publikum besonders geschätzte Nadja Becker, nach ihren Nebenrollen in „Danni Lowinski“ sowie den „Wanderhuren“-Filmen längst auch als Hauptdarstellerin gern gesehen („Drei in einem Bett“), ist als Frau von Nebenan in „Robin Hood & ich“ eine gute Ergänzung zum schmucken Aleardi. Natürlich müssten Robin und seine Kumpane, die ihm zum Finale in die Gegenwart folgen, eigentlich ein antiquiertes Englisch sprechen, und in einem Zwischenschnitt aufs Gruppenbild fehlen ausgerechnet die Gummistiefel, die sich Little John in der Einstellung zuvor noch rasch geschnappt hat. Ansonsten aber inszeniert Holger Haase, nach seinem gutgelaunten Debüt „Das Leben der Philosophen“ (2005) gefragter Regisseur fröhlicher Wohlfühlkomödien („Bollywood lässt Alpen glühen“), das Drehbuch von Produzent Mathias Lösel und Martin Ritzenhoff mit angemessener Ironie. Die Darsteller sind gut geführt und sorgen gerade in den Nebenrollen immer wieder für komische Kleinodien, allen voran Carl Heinz Choynsi, der als Marions alter Nachbar Aleardi fast die Schau stiehlt.

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Fernsehfilm

Sat 1

Mit Pasquale Aleardi, Nadja Becker, André Röhner, Dirk Martens, Finn Fiebig, Hanna Binke, Laura Osswald, Daniel Zillmann, Frank Kessler, Philip Hagmann

Kamera: Uwe Schäfer

Schnitt: Achim Seidel

Szenenbild: Ralf Küfner

Produktionsfirma: filmpool fiction

Produktion: Mathias Lösel

Drehbuch: Martin Ritzenhoff, Mathias Lösel

Regie: Holger Haase

Quote: 2,04 Mio. Zuschauer (6,9% MA)

EA: 17.09.2013 20:15 Uhr | Sat 1

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