Ein Thriller im Schnee, Dramatik in der Steilwand – ein Novum in einem Fernsehfilm. In weniger als einer Woche (bei insgesamt 24 Drehtagen) hatte Pro Sieben alle Berg-Szenen im Kasten. Die entscheidenden Momente von „Rivalen am Abgrund“ fanden auf 3600 Meter Höhe statt, im rauh-herben Tiroler Pitztal. So viel Produktions-Okonomie ist üherraschend bei einem Flachlandtiroler auf dem Regiestuhl. Michael Steinke, rund 100 Filme als Kameramann, ist Berliner. „Schiffserfahren bin ick ja, ‚Traumschiff‘-erfahren. Aber ganze Szenen angeseilt zu drehen war für mich neu.“ Schlimmer noch: die große körperliche Belastung, das Tapern durch den Tiefschnee auf dem Gletscher. Und das mitten im Sommer, wo man sich an leichte Kleidung gewöhnt hat. Man sieht die physische Anstrengung nicht immer, die angestrengte Geschichte fällt einem dafür sofort ins Auge: Eine Frau zwischen zwei Männern, eine klassische Männerfreundschaft, eine Ehe als Fassade, dazu die Leidenschaft des Bergsteigens und Gift im Mineraldrink, altbekannte Genre-Versatzstücke in postmodernem Outfit. Michael Roll, Christoph M. Ohrt und Ann-Kathrin Kramer haben es nicht leicht, diesem schlichten Plot vom Amerikaner Michael Baker Plausibilität und etwas Psychologie einzuhauchen.
„Verstiegene Dreieckskiste vor liebreizenden Gebirgspanoramen.“ (TV-Spielfilm)
Am liebsten mag man noch der schönen Ann-Kathrin Kramer zuschauen. Ihre Julia besitzt – wenngleich nicht motiviert – die meisten Facetten. „Sie hat etwas Hilfloses, ist ehrgeizig, geldgierig, dann aber wieder frisch und lebendig“, betont die 30 Jahre alte Schauspielerin. Und immer darf sie offenlassen, ob nicht dieses Prachtexemplar von Luxusweibchen langsam den Ehemann vergiften will. Möglich ist es. „Denn ihr Zusammenleben ist wie eines jener gut organisierten Ehe-Arrangements – wenn man mal reinpopelt, kommt die große Kotze hoch“, so Ann-Kathrin Kramer. Sie selbst mußte nicht auf die Dreitausender hoch. „Ich mag die Berge nicht – und ich mag auch keinen Schnee. Bergtäler finde ich sehr beengend“, gesteht die Schauspielerin, die Physik studiert hat, bevor sie mit der Krimi Serie „Die Partner“ auf sich aufmerksam machte. In dieser ästhetisch gewagten Serie habe die Kamera den Schauspielern vieles abgenommen. In „Rivalen am Abgrund“ sei das anders: „Hier mußte jede Veränderung der Figur von mir entwickelt werden.“ (Text-Stand: 18.11.1996)