Etwas Märchenhaftes hat diese Liebesgeschichte zwischen einer Italienerin aus München und einem wendegeschädigten Ossi, die Dominik Graf nach seinen Glanzstücken „Frau Bu lacht“ und „Sperling“ für den SDR inszeniert hat. Zugleich aber ist „Reise nach Weimar“ ein Stück deutscher Geschichte und dazu noch eine Komödie. Keine zum Ablachen, eher eine, die mit Stille und Sinnlichkeit und mit Barbara Auer & Sylvester Groth schöne Augen-Blicke schafft.
Eigentlich ist Mafalda La Rocca mit ihrer Mutter und dem italienischen Großvater nur mit den besten Absichten nach Thüringen gereist. Eine Pizzeria will sie eröffnen. Wer in Weimar könnte schon etwas gegen Parmaschinken, Pasta und Prosecco haben!? Auf jeden Fall Hauke Wolff, ehemals Gymnasialdirektor im vorkapitalistischen Weimar und heute Gelegenheitsarbeiter und Straßenmusikant. Der trinkt lieber Rotkäppchen-Sekt und weint der guten, alten Zeit nach. Dass er sich ausgerechnet in die schöne Mafalda verlieben muss, führt zu Ohrfeigen, Körperverletzungen und einem Sturzbach der Tränen – bevor schlussendlich der italienische Großvater die Herzensangelegenheit auf seine Art löst.
Kritik: „Reise nach Weimar“ (1996)
Sie wirkt wie ein Fremdkörper im TV der 90er Jahre, diese kleine feine Komödie von Dominik Graf über die Liebe zwischen einer Italienerin aus München und einem wendegeschädigten Ossi. Ein leiser, sehr sinnlicher Film aus dem Jahre Sechs nach der Wiedervereinigung, der zeigte, dass jenseits marktwirtschaftlicher Annäherung zwischen den Gefühlslagen von Ost und West noch Welten liegen. Statt politischer Parolen private Liebesdinge, statt kommerziellem Augenfutter eine phantasievolle Erzählweise. Sinnliche Genüsse und Barbara Auers Erotik machten die Musik. Dazu sollte der Zuschauer einen guten Roten entkorken. tit.
Die sinnlichen Genüsse sind die heimlichen Hauptdarsteller in dem Fernsehfilm von Autor Johannes Reben („Bei Thea“). Wein trinken, Essen und den Trieben nachgeben („Jetzt ist klein Francesco fertig!“) – das sind die wesentlichen Beschäftigungen in „Reise nach Weimar“. Und da passt keine deutsche Schauspielerin so gut ins Bild wie Barbara Auer. Ähnlich wie die junge Anna Magnani bei Rossellini bewegt sie sich über das traditionsreiche Pflaster Weimars, schwellt stolz die Brust, um danach als verliebte Grazie leichtfüßig durch Goethes Lustgarten zu wandeln. Es ist eine typische Auer-Rolle, eine jener „starken Frauen, die zwar schwer-wiegende Probleme haben, es aber immer schaffen“. Dass die Schauspielerin in „Reise nach Weimar“ noch erotischer wirkt als sonst, hat sie vor allem Regisseur Dominik Graf zu verdanken, der ihr mit ruhigen, langen Einstellungen die geeignete Projektionsfläche lieferte.
Für Grafs Verhältnisse, der 1993 mit dem Kino-Thriller „Die Sieger“ einige Millionen in den Sand setzte, ist diese amüsante Sommerkomödie „ein vergleichsweise kleiner Film“. Sofort war er von der Vorlage angetan: „ein wunderbar geschriebenes Drehbuch“. Nicht „diese glatten Stoffe, zu denen ich nur den Schmuck liefern soll“, so Graf. Die Chemie zwischen ihm und dem ehemaligen Exil-Italiener Reben stimmte, auch die Faszination von Weimar schien beide zu packen. Reben: „Wahrscheinlich ging es mir in Weimar so gut, weil ich hier eine Art Synthese von Deutschland und Italien gefunden habe.“ (Text-Stand: 3.10.1996)