Reife Leistung!

Locker, lustvoll und ein bisschen lächerlich: Walter Sittler hat Angst vorm Alter

Foto: WDR / Marc Meyerbröker
Foto Rainer Tittelbach

Es ist die Angst, dass diese Jahre zwischen fünfzig und sechzig seine letzten ‚guten Jahre’ sein könnten, die den einen Bauunternehmer noch einmal neu durchstarten lässt: mit junger Frau, aber auch mit Baby. Irgendwie hat er sich das alles ganz anders vorgestellt!

Was sind 54 Jahre für einen Mann? Statistisch gesehen zwei Drittel seines Lebens. Beginnen jetzt endgültig Alter und Verfall? Oder wird man jetzt zum Mann im besten Alter? Der Held in dem ARD-Fernsehfilm „Reife Leistung!“ überfällt die sogenannte Midlife-Crisis, die bei ihm rein rechnerisch längst keine Midlife-Crisis mehr ist. Bei dem erfolgreichen Bauunternehmer Thomas Wünsche ist es „die unbewusste Angst, dass diese Jahre zwischen fünfzig und sechzig seine letzten ‚guten Jahre’ sein könnten“, so die Drehbuchautorin Silke Zertz. „Die Jüngeren warten schon“, bejammert er sich selbst, „sie hetzen uns mit ihren vorwurfsvollen Blicken und bohrenden Fragen: ‚Warum bist du noch da …?!’.“

Und welche Konsequenz zieht der glücklich verheiratete Vater von drei Töchtern? Er nimmt sich eine jüngere Frau. Nicht, dass er vorsätzlich gehandelt hätte, es geschieht ihm. Es geht Schlag auf Schlag: Erst ist es Leidenschaft, dann scheint es Liebe zu sein. Es folgt die Trennung von der Ehefrau, und wenig später schon ist Nina, gerade noch die toughe Karrierefrau, schwanger und in Gedanken nur noch mit ihrem Baby beschäftigt. Die beiden ziehen aus der Stadt in die Pampa und bald ist nur noch die Geburt Thema.

So hatte sich das der Ex-Ehemann nicht gedacht. Geburt ja, aber er dachte da an Wiedergeburt – und zwar die eigene. Aber weil er verliebt ist, findet er sich damit ab, zahlt alle Rechnungen, zeigt sich großzügig auch der Ehefrau gegenüber, die er – feinfühlig wie er nun mal ist – kurz vor der Niederkunft seines Sohnes darüber ausfragt, wie das denn so war bei ihr mit den Wehen. „Wen soll ich denn sonst fragen?“, bittet er um Verständnis und da schwingt ein bisschen der Vorwurf mit: „Ich kenne ja niemand, ich musste ja immer arbeiten.“

Reife Leistung!Foto: WDR / Marc Meyerbröker
Prickelnde Nähe im Fahrstuhl. Es mit Mitte 54 nochmal wissen wollen. Walter Sittler und Ina Paule Klink in „Reife Leistung!“

„Was Thomas Wünsche durchlebt, passiert oft Männern, die zu viel arbeiten, die tausend Sachen machen, erfolgreich sind und darüber ihre eigene Entwicklung vernachlässigen“, glaubt Hauptdarsteller Walter Sittler. Und auch das Verhalten der jungen Angebeteten ist für den beliebten TV-Sympath, der auch in Wirklichkeit Vater von drei Kindern ist, ganz typisch für die heutige Zeit. „Kinder zu haben ist nicht so kompliziert, man braucht keine 37 Ratgeber dafür.“

Nina, gespielt von Ina Paule Klink ( „Wilsberg“) ist verunsi-chert, sie will alles richtig machen und übertreibt es deshalb mit der prä- und postnatalen Babyfürsorge. Sittler, auch selbst 54, macht seinem Alter alle Ehre. Wie sein Held, der gelegentlich herummurrt mit den Worten „Früher gab es das nicht“, sieht auch der in den USA geborene Schauspieler einiges, was heutzutage nicht gut läuft: „Da wir den Kontakt zu den eigenen Gefühlen verloren haben und glauben, immer gut aussehend und jung und strahlend sein zu müssen, können viele mit Kindern nicht umgehen.“

Es ist schon eine „reife Leistung“, wie locker, leicht und lustvoll Komödien-Experte Martin Gies das Porträt eines sich lächerlich machenden Mannes zeichnet und wie temporeich er viele zeittypische Themen mitnimmt auf seinem Weg zum Happy End. Hinter der Ironie ist der Ernst der Lage mitunter schmerzlicher spürbar als so manchem Zuschauer lieb sein wird. „Reife Leistung!“ ist dramaturgisch nicht unbedingt meisterlich, als unterhaltsames Gebrauchsfernsehen mit einem Hauch lebenspraktischem Mehrwert indes gelungen.

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Fernsehfilm

WDR

Mit Walter Sittler, Ina Paule Klink, Angela Roy, Anna Fischer, Annett Renneberg

Kamera: Thomas Etzold

Szenenbild: Adrienne Zeidler

Schnitt: Vera van Appeldorn

Produktionsfirma: Cinecentrum Hamburg

Drehbuch: Silke Zertz

Regie: Martin Gies

EA: 31.01.2007 20:15 Uhr | ARD

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