Lisa und Hrovje, Mitte 20, kennen sich erst ein paar Wochen – und ziehen schon zusammen. Ist das die große Liebe? Oder von Seiten Lisas nur die Reaktion auf ihre verkorksten Familienverhältnisse? Mit größter Anstrengung gelingt es ihr, dass ihre leidenschaftlich verfeindeten Eltern zur Einweihungsparty kommen. Als der sanfte Kroate Lisa während des Fests einen Heiratsantrag macht, übernimmt Mutter Theresa die Antwort: „Nein – Ehe hat doch mit Glück nichts zu tun.“ Die Tochter ist empört. Acht Jahre hat sich die Mutter, die sich nach ihrer Scheidung Ende der 80er Jahre auf esoterischen Erleuchtungstrip begab, nicht mehr bei ihr gemeldet. Theresa fühlt sich nach ihrem Aussetzer bei der Party doppelt schuldig. Sie möchte wieder eine Beziehung zu ihrer Tochter aufbauen – also akzeptiert sie die traditionell kroatische Hochzeit in Hrovjes Heimat. Doch will sie tatsächlich klein beigeben, und ihre Tochter mit Folklore und bestickter Bluse in ihr „Unglück“ rennen lassen?
„Rat mal, wer zur Hochzeit kommt“ ist eine Heiratskomödie, in der anfangs ethnische Gegensätze und tief verwurzelte kulturelle Vorurteile den Ton angeben. Im Verlauf der Handlung, in der sich die deutschen Brauteltern zum Wohle der Tochter verbünden, setzt sich zunehmend die Romantik gegenüber der Ironie durch. Das Ex-Hippie-Pärchen findet wieder Gefallen aneinander und auch für die gestrenge, verwitwete Mutter des Bräutigams gibt es ein Happy-End. Und die Kinder? Die Bergmanns sind dem vermeintlichen Doppelleben Hrovjes auf die Spur gekommen: der hat schon eine Frau und eine Tochter – also so weit geht die Hippie-Philosophie dann doch nicht! Vielleicht soll ja diese Hochzeit auch nur zustande kommen, um den Tomasovics ihren zwielichtigen Import-Export-Handel zu erleichtern.
Dieser Degeto-Komödie von Michael Rowitz („Nachtangst“) wurde ein Spagat verordnet zwischen „Erwachsenheit“ und Kinderspiel, Vernunft und Verrücktheit, Gefühl und Aberwitz – ein Spagat, der in den meisten Komödien daneben geht. Auch die vier (!) Autoren können sich nicht so recht entscheiden. Kulturclash- und Situationskomik werden (bewusst?) im Detail nicht ausgespielt, aber auch die dramaturgische Feinjustierung stimmt nicht immer. Theresas Motivation (Boykott oder schlechtes Gewissen?) bleibt unscharf und etliche Handlungsmotive (Kriminalität, Hrovjes kleine Manipulationen) werden am Rande in mehreren Szenen miterzählt, anstatt sie auch „strukturell“ komisch zu nutzen… Dass „Rat mal, wer zur Hochzeit kommt“ dennoch Spaß macht, ist vornehmlich dem vorzüglichen Ensemble zu verdanken. Wunderbar beiläufig bringen Suzanne von Borsody und Henry Hübchen die ernsthaften, psychologischen Nuancen der Geschichte ins Spiel. Grimme-Preisträger Ludwig Trepte verkörpert wahrhaftige Sensibilität und Jasmin Schwiers übernimmt die Aufgabe des emotionalen Durchlauferhitzers. Dieses großartige Quartett, eine frische, moderne Kamera, die den Süden nahe bringt, ohne ihn postkartenkitschig zu verklären, und ein entsprechend süffiger Look nehmen den Komödienfan mit auf eine 90-minütige kurzweilige Reise, bei der man – wie im Urlaub – nicht alles hinterfragen sollte. (Text-Stand: 10.4.2012)