“Sowas wie Sie wird nimmer gebaut”, schwärmt ein Busenwunder Kommissar Tauber im BR-“Polizeiruf 110: Silikon Walli” an. Für die bestens bestückte Titelheldin ist der Körper eine Art Bauanleitung zum Erfolg. Auch beim einarmigen Kriminalhauptkommissar denkt sie körperbetont und entwaffnend naiv. “Dass man noch arbeiten muss mit so ’nem Arm! Da kriegt man doch sicher a Super-Invalidenrente oder freie Fahrt mit der MVV!?” Tauber ist hin und weg ob solcher Einsichten. Dass diese bajuwarische Pamela durch den Tod eines anderen stadtbekannten Starlets der Titten-Fraktion zur Nr. 1 aufgestiegen ist, das will er nicht sehen.
Dieser Münchner “Polizeiruf” taucht nicht nur ab in die Tratsch- und Klatsch-Halbwelt, der Film von Autor Wolfgang Limmer und Regisseur Manfred Stelzer durchleuchtet auch die Psyche des scharfen Zynikers mit der untrüglichen Kombinationsgabe. Er wird sanft und leise, wird Wallis Samurai, der ihr die Titten-Mafia vom Leibe halten will, er schwingt sich auf zu ihrem Retter, der auf einem weißen Pferd dahergeritten kommt. Edgar Selge darf sich eindrucksvoll durch extreme Stimmungslagen schaukeln, und Nadeshda Brennicke gewährt ungewöhnliche Einblicke. Zum Kotzen findet es auch Kommissar-Kollegin Obermaier, was da auf dem weißblauen Boulevard für eine verlogene Sex-Show abgezogen wird. “Die mussten der Lo beide Brüste amputieren, weil sich sonst die Friedhofsverwaltung geweigert hätte, sie zu beerdigen: Gefahr der Trinkwasserkontermination!”, berichtet sie Tauber kopfschüttelnd.
In “Silikon Walli” geht es um die Hilfsbedürftigkeit und Einsamkeit zweier versehrter Menschen. Was der einarmige Kommissar zu wenig hat, hat die Silikon-Bombe Walli zuviel. Eine Last tragen sie beide. Um die schmerzhaften Auswirkungen jener Schönheitsoperationen, die zur neuzeitlichen Metapher für das Sexobjekt Frau geworden sind, zu zeigen, ging das eher konservative Bayerische Fernsehen ungewöhnlich weit. Das volksmundliche “Holz vor der Hütt’n”, das großformatig ins Fernsehbild gerückt wird, hätte beinahe den Sendetermin um 20.15 Uhr verhindert. Dann entschloss man sich in der Fernsehspiel-Redaktion, den TV-Krimi neu zu schneiden und einige drastische Sex- und Gewaltszenen herauszunehmen.
“Der Tenor des Films ist dadurch völlig verändert worden”, betont Autor Wolfgang Limmer. Für den BR sind solche Schnitte “ein übliches Vorgehen”. Wichtig war sowohl den Machern als auch der Redaktion, mal wieder einen Sonntagskrimi auf die Beine zu stellen, der die Grenze des Genres auslotet. Ein heikles Thema, Brustoperation nicht als Karrierestart, sondern als Beginn körperlichen Zerfalls, dazu eine heikle Darstellung. “Der Film wird polarisieren”, glaubt denn auch Redakteurin Cornelia Ackers, “aber in einer zunehmend profillosen TV-Landschaft ist das gut so.” (Text-Stand: 26.5.2002)